Er fällt zwar etwas ab von den beiden Vorgängern, die Novelle Nummer Drei mit Krimi-Held Omar Yussef aus Bethlehem: Aber Kollege Matt Beynon Rees promotet seinen jüngsten Krimi "The Samaritan's Secret" rund um die Samariter auch im Netz, und das ist doch etwas eher Neues.

 

 

Bleibt der Aerger über die ziemlich stereotype Darstellung der Stadt Nablus als ach' so gewalttätiger Hochburg extremistischer Palästinenser. Dennoch aber eine mögliche Annäherung an das Leben in den besetzten Gebieten.

 

 

 

 

Ranglisten sind immer so eine Sache - erst recht, wenn Journalisten sich selber zu benoten haben.

 

Die arabischen Kollegen haben's versucht: Eine Liste der populärsten arabischen TV-Moderatorinnen und Moderatoren ist's geworden. Und weil wohl die meisten von uns nicht einmal einen Namen aus der arabischen Fernsehwelt kennen, hier eine kleine Auffrischung: 

           - Amr Adeeb: moderiert die Sendung Al Qahera Al Youm auf dem Sateliten-Sender Al Youm

 

          - Mahmoud Saad: präsentiert die Al Beit Beitak show auf Egyptian satellite channel, 

 

           - Amr Khaled: der islamische Prediger wird als drittprominentester Moderator gelistet 

         

           - Mohamed Hassanin Heikal: der Präsentator von With Heikal auf Al Jazeera channel

           - : moderiert Al Ashera Masa'an auf Dream channel

 

            - : das Gesicht von Qalam Rosas, zu sehen auf Al Lybeya channel

 

            - : an 7. Stelle der erste Sport-Moderator mit Al Mala'eb Al Youm auf Al Hayah

 

Erst an zehnter Stelle taucht dann mit dem Libanesen Zahi Wahbi der erste Nicht-Aegypter auf der Rangliste der TV-Promis auf. Und: erstaunlich, dass die Kolleginnen und Kollegen von Al Jazeera, Al Arabia und Al Hurra nicht in den Top10 auftauchen.

 

Merke: Es gibt eine TV-Welt nebst den "Dieter-Bohlen-Oliver-Pocher-Anne-Will-Peter-Klöppel-Roman-Kilchsberger-Beni-Thurnheer" - Gesichtern. Arabische Gesichter, welche die Wahrnehmung der westlichen Welt nachhaltig beeinflussen können.

 

 

Wie doch die Zeit vergeht – tödlich schnell.

 

Erinnern Sie sich? Vor einem Jahr ist er gestorben. Fadel Shana, der 23jährige palästinensische Reuters – Kameramann in Gaza.

 

Fadel hat seinen eigenen Tod gefilmt. Auf einer Anhöhe stehend drehte er einen israelischen Panzer – bis das Bild schwarz wurde und Fadels Körper leblos am Boden lag. Zerrissen von israelischen sogenannten Flechette Shells, das heisst, dutzende 4 – 6 Zentimeter lange Nägel werden flächendeckend verschossen. Eine völkerrechtlich geächtete Waffe, eingesetzt von der israelischen Armee.

 

Kein Problem für die israelische Armee: In einer internen Untersuchung kam das Militär zum Schluss, dass Fadel aus Sicht der Panzerbesatzung dabei war, einen Terrorakt vorzubereiten. Damit hätten die Soldaten also keine Schuld am Tod des Kamermanns. – Niemand ist verantwortlich für Fadels Tod. Selber schuld, Fadel der Kameramann.

 

Reuters stellte der Armee elf Fragen zur militär – internen Untersuchung. Die Fragen wurden nie beantwortet.

 

Soeben kommt die israelische Armee übrigens zum Schluss, während des Gaza-Krieges von Anfang Jahr weder gegen das internationale humanitäre Völkerrecht verstossen noch vorsätzlich Zivilisten attackiert zu haben. 1 300 Tote, 5 000 Verletzte, 5 000 zerstörte und 20 000 beschädigte Häuser, 100 000 Obdachlose – und alles ging mit rechten Mitteln zu und her in diesem Krieg.

 

Die Argumentations-Linie der Armee ist wahrlich in sich stimmig.

 

 

Flotte Werbung in eigener Sache der Kollegen von der BBC - never stop asking, heisst's da. You can't suppress a powerful question.

 

Wohl wahr, eigentlich. Was aber, wenn die Fragen nicht mehr gestellt werden, nicht mehr gefragt werden will, nicht mehr gefragt werden soll, oder nicht mehr gefragt werden kann?

 

Und so wollen wir doch künftig an dieser Stelle die eine oder andere kurze Frage in die Runde werfen.

 

 

 

 

Heute wollt' ich fragen:

 

 

 

 

Immer wieder kommt es zu geheimdienstlichen Unstimmigkeiten zwischen Israel und den USA. Als jüngste bekannt gewordene mutmassliche Sionage-Affäre soll Israel versucht haben, eine wohlgesinnte jüdische Abgeordnete in den Vorsitz des geheimdienstlichen Ausschuss des Repräsentantenhauses zu bringen. Frage: Warum würde man sowas zwischen Freunden tun?

 

 

 

Sie hat sich nicht geziert, im Gegenteil. Die Kollegen vom israelischen Channel 2 durften sogar in die gute Stube zu Bern, sprich ins Büro fürs Interview.

 

Eine Woche danach, versucht die Schweizer Aussenministerin am Samstag abend in der Höhle des Löwen zu erklären, was hierzulande unerklärbar scheint.

 

Micheline Calmy-Rey – zu Bundesbern kurz MCR genannt – zeigt sich zufrieden mit den Resultaten der Durban II – Konferenz in Genf. Man müsse über den Holocaust reden, über Rassismus. Dazu habe die Schweiz als Gastgeberland der UN-Konferenz einen Beitrag geleistet.

 

Channel-2-Kollegin Dana Weiss hakt nach, will wissen, weshalb die Schweiz denn dem notorischen Holocaust-Leugner Ahmadinejad eine Tribüne geboten habe – MCR fährt der Journalistin lächelnd ins Wort: Nein, nicht die Schweiz habe den iranischen Staatspräsidenten eingeladen. Vielmehr habe es sich um eine UN-Konferenz in Genf gehandelt, dem UN-Sitz in Europa. Die Schweiz vertrete die Interessen der USA im Iran, und das bedeute regelmässige Kontakte.

 

Nichts spektakuläres, gewiss. Und die ablehnende Position der überwiegenden Mehrheit der Israeli lässt sich dadurch nicht bewegen.

 

Aber es war ein Anfang. Ein Anfang, um die Schweizer Politik des Dialogs zu kommunizieren – vielleicht etwas spät, aber besser als nie.

 

 

Beklemmendes ereignete sich vor der Schweizer Botschaft in Tel Aviv: Die Autos von Schweizer Diplomaten werden mit Hakenkreuz-Stickern verunziert. Eine Gruppe von Demonstranten demonstriert auf diese Weise gegen das Treffen des Schweizer Bundespräsidenten Merz mit dem iranischen Staatspräsidenten Ahmadinejad.

 

Uebergewichten?

 

Nein. Denn so extrem denkt mit Sicherheit bloss eine verschwindend kleine Minderheit in Israel.

 

Unterschätzen?

 

Nein. Denn wer mit dem Hakenkreuz fuchtelt, kann sich nicht als unbedarfter Provokateur entschuldigen. Wer dieses Symbol, noch dazu in Israel, einsetzt, bewegt sich gefährlich nahe am politischen Brandstiftertum.

 

 

 

 

 

Israels Siedlungen im besetzten Westjordanland sind das wohl grösste real existierende Hinderniss für eine Annäherung zwischen den Konflikt-Parteien im israelisch - palästinensischen Konflikt. Wie kam es zu dieser teilweise nicht mehr umkehrbaren Tatsache, weshalb verfolgt der Staat Israel den Siedlungsausbau dermassen konsequent, während die palästinensische Seite dem systematischen Landklau weitgehend hilflos zusieht. Das zeigen diese vier Bücher, jedes auf seine Art und Weise. Keine Ideologie, sondern professionell-argumentierende Sichtweisen

 

                        DER ARCHITEKT:

Wie funktioniert die Besetzung eines Gebietes - durch ein flexibel gehandhabtes Chaos und Improvisation, durch elastische Grenzen, die nach Bedarf verschoben werden können. Der Architekt Eyal Weizman beschreibt  Strukturen die Entwicklung der israelischen Besatzungspolitik, nicht zuletzt mit dem Instrument der Siedlungspolitik. Laut Weizman änderte Israel seine Politik von einer Trennung zwischen Israeli und Palästinensern hin zu einer Gebiets-Aufteilung. Siedlungen, ob als strategisches, sicherheitsrelevantes, religiös-ideologisches oder ökonomisches Projekt, sind dabei ein zentrales polit-militärisches Tool.

 

Viel Raum wird dabei Ariel Sharon eingeräumt, Sharon als General im Gaza-Streifen, als Kommandierender des Süd-Abschnitts, als "Vater des Siedlungsbaus", der schon sehr früh Stadtplanung als ein militärisches Mittel erkannt hatte. Ein Mittel, um palästinensischen Widerstand aus Flüchtlingslagern zum Beispiel mit Bulldozern zu brechen. "I settle where I can", wird Sharon zitiert.

 

Der Raum beschränkt sich aber längst nicht mehr auf Boden, See und Luft: Raum hat sich aufs Unterirdische ausgeweitet. Tunnels verbinden palästinensische Dörfer, um einen direkten Kontakt zwischen Israeli und Palästinensern zu vermeiden - die Visibilität der Besatzung soweit als möglich verringern. Oder Schmuggel-Tunnels, die den Gaza-Streifen mit dem Sinai via verbinden; Weizman spricht deshalb vom "Hollow Land".

 

Raum ist aber auch ein entscheidendes militärisches Konzept: Die städtische Geometrie umkehren, heisst das in der Sprache der Militärs - gemeint ist zum Beispiel das Vordringen in die Kasbah von Nablus und Jenin, indem sich die Soldaten konsequent innerhalb privater Häuser vorarbeiten, Mauer für Mauer durchbrechend.

 

"Hollow Land - Israel's Architecture of Occupation"; Weizman Eyal, Verso, 2007

 

 

                      DER POLITOLOGE:

Moshe Dayan wollte die "Besatzung unsichtbar machen": Der Politologe und Aktivist Neve Gordon von der Ben-Gurion-Universität im Negev zeigt, mit welchen juristischen, militärischen und administraiven Massnahmen Israel dies seither umzusetzen versucht hat.

 

"The Intifada revealed Israel's occupation as a colonial project that was sustained trough political violence - a fact that had been obfuscated before the Intifada erupted - to the world." Harte Worte, kein Zweifel. Gordon argumentiert mit der systematische Landenteignung, dem konsequenten Siedlungsausbau mitsamt der dadurch entstehenden Einschränkung an Bewegegungsfreiheit und Entwicklungsmöglichkeiten der palästinensischen Gesellschaft. Die Siedler wurden dabei als Mittel zur Enteignung und Kontrolle benutzt, so Gordon.

 

Gordon nennt's "outsourcing der Besatzung": Nach der Ersten Intifada habe Israel die Verantwortung für die palästinensische Bevölkerung an die palästinensische Autonomiebehörde PA übertragen - nicht aber die entsprechende Authorität. Dieser Widerspruch zwischen den Friedens-Gesprächen und dem massiv vorangetriebenen Siedlungs-Projekt diene letztendlich dazu, die Errichtung eines palästinensischen Staates zu blockieren.

 

Zwar glaubt Gordon explizit nicht an einen staatlichen autorisierten Siedlungs-Plan. Exakt dies habe es aber verschiedensten Gruppen ermöglicht, Israels territoriale Expansionswünsche mit stillschweigender Unterstützung von Staatsorganen voranzutreiben - mit anderen Worten das Netz an Siedlungen, Siedlungsstrassen, Kontrollposten, Checkpoints überhaupt erst ermöglicht. Land, nicht Leute, solle einverleibt werden, sagt der Politologe. Wen erstaunt, dass Gordon einer der meistkritisierten israelischen Intellektuellen ist...

 

"Israel's Occupation"; Gordon Neve, University of California Press, 2008

 

 

        DER JOURNALIST und DIE PROFESSORIN:

40 Jahre israelischer Besatzung des Gaza-Streifens und des Westjordanlandes - Akiva Eldar, der Journalist, und Edith Zertal, die Historikerin, liefern das Standartwerk der politischen Aspekte des Siedlungs-Projekts. 

 

Die Komplizenschaft des Staates, gepaart mit der äussert effektiv vorgehenden, sehr gut vernetzten Siedler-Bewegung. Fakten vor Ort werden geschaffen: äusserst schnell Siedlungen bauen und dann das politische System miteinbeziehen - so beschreibt "Lords of the Land" das Vorgehen der Siedler-Bewegung. "The prolonged military occupation and the Jewish settlements that are perpetuating it have toppled Israeli governments," (...) "and have brought Israel's democracy and its political culture to the brink of an abyss."

 

Mehr als ein Drittel des Gebietes des besetzten Westjordanlandes ist für die Palästinenser "off limits", ein grosser Teil des Landes schlicht gestohlen, die Genfer Konventionen, wonach zum Beispiel die Bevölkerung eines besetztes Gebietes nicht transferiert werden darf, werden ignoriert. 

Eldar / Zertal kommen zum betrüblichen Schluss: Es bestehen bereits zwei verschiedene Staaten für zwei verfeindete Völker - und das im besetzten Westjordanland.

 

 "The Lords of the Land"; Eldar Akiva, Zertal Idit, 2007

 

 

                                            DER POLITIKER:

Der ehemalige Vize-Bürgermeister Jerusalems war einer der Ersten, der unbequeme Fragen stellte: Weshalb wurden arabische Städtenamen, Hügel und Wasserstätten in hebräbische Namen verwandelt? Weshalb wurde aus Umm Jurfinat der Kibbutz Grofit, aus Rakhma Yerukham, fragt Meron Benvenisti?

Seit der Mandatszeit kämpfen Zionisten und Palästinenser um denselben Landstreifen. Benvenisti lehnt es kategorisch ab, von einem zionistischen Plan vor Mai 1948 der "ethnischen Säuberungen" zu sprechen. Allerdings kritisiert er aufs Schärfste die Auslöschung palästinensischer Geschichte. Während und nach dem Krieg "some of the Arabs (sic) were expelled not on military grounds but with the objective of taking over their homes and land expressly for the settlement of Jews." 

 

Deshalb fordert Benvenisti von Israel, jegliche Form der Diskriminierung zu unterlassen. Und er fordert vom Staat, jene arabischen Landbesitzer, deren privates Land an Siedler und Immobilienhändler verramscht wurde, an den Verkaufserlösen zu beteiligen. Klare Worte - die auch neun Jahre nach Erscheinen dieses Grundlagenwerks ungehört verhallen

 

"Sacred Landscape - The burried History of the Holy Land Since 1948"; Benvenisti Meron, University of California Press, 2000

 

 

Schon gehört von Sameh Zakout, aka SaZ?

 

Der palästinensische Hip-Hop-Star aus Ramleh nahe dem Flughafen Ben Gurion gelegen, sagt nette Sätze. Sätze, die wir gerne hören im Westen.

 

"I don’t see my Palestine being built by blood," sagt Saz. Oder: "It should be built by negotiations, not bombings in Tel Aviv. My bullets are my rhymes. My M-16 is my microphone".

 

Das knallt, solcher Hip Hop von einem arabischen Bürger Israels, oder einem Palästinenser, wie die meisten Israeli kurzerhand sagen würden. Sie nennen ihn deshalb auch den "Palestinian Rapper for Change".

 

Bloss: hören Sie sich doch auch den Dialog nach dem Konzernt-Ausschnitt im obigen Youtube-Clip an. Dort kracht's dann auch, wenn's um die Realität im 61. Jahr der israelischen Besatzung des Westjordanlandes und de facto des Gaza-Streifens geht.

 

UUUUU YEAAH!!