Sie schiessen wieder. Nein, nicht die Extremisten oder die Militärs. Gemeint sind die Propaganda-Champions.
Heute gab’s Post vom israelischen Botschafter in Bern, Ilan Elgar. Dass der Botschafter wortwörtlich einen Text von der Homepage seines Aussenministeriums in Jerusalem aus dem Hebräischen ins Deutsche übersetzen liess, mag etwas mit Effizienz zu tun haben; den Botschafter in der Schweiz werden ja wohl noch andere Dinge umtreiben als die Hamas im fernen Gaza. Schade bloss, dass Elgar unbesehen Sätze seines Ministeriums übernimmt wie „Israel beklagt Dutzende von Toten (...)“ oder „um internationale Unterstützung zu generieren, versuchen diese Gruppen absichtlich eine humanitäre Krise zu provozieren (...)“
Fakten, Herr Botschafter, Fakten.
Im letzten Jahr wurden genau zwei israelische Zivilisten durch Raketen aus dem Gaza-Streifen getötet. Seit letztem Dienstag tötete die israelische Armee ihrerseits 30 Palästinenser im Gaza-Streifen, 2007 waren’s insgesamt 454 Menschen.
Zahlen, welche die israelischen Sicherheitsbehörden publizierten. Laut Yuval Diskin, Chef des israelischen Inlandsgeheimdienstes wurden seit 2006 insgesamt 810 „Terroristen“ – wie er das nennt - getötet. Die angesehene israelische Menschenrechtsorganisation B’Tselem dokumentiert freilich, dass sich darunter 360 Zivilisten befanden, die nicht mit extremistischen Organisationen verbunden waren. Davon waren 152 Minderjährige, das jüngste Opfer die neun Monate alte Maisa Othamneh.
Je mehr geschossen wird, desto mehr haben selbsternannte Medienwächter wieder Hochkonjunktur. Zum Beispiel beglückt mich eine Organisation Namens „Augenzeugen.ch“ mit einem trümmligen e-mail. Meine Bitte, sich doch nicht hinter einer anonymen Postfach-Adresse in Baden-Dättwil zu verstecken blieb unbeantwortet. Wäre sonst klar geworden, dass es sich um eine Adresse aus dem Dunstkreis fundamentalistischer Schweizer Christen handelt?
All’ diesen Mails ist freilich ein Grundgedanke gemeinsam: der jüdisch-arabische Konflikt ist ein weiterer Teil des traditionellen Anti-Semitismus. Wer so denkt, muss halt ab und an Fakten ausblenden; sonst wird die Asymmetrie dieses Konflikts zu offensichtlich. So verwerflich die rund 4 000 von extremistischen Palästinensern aus dem Gaza-Streifen auf Israel abgefeuerten Raketen, so bedenklich die Tatsache, dass Israel seinerseits laufend in Konflikt mit dem internationalen Völkerrecht gerät. Auge um Auge, Zahn um Zahn.
Übrigens: Der Vater des 2006 im Gaza-Streifen entführten israelischen Soldaten Gilad Shalit kondolierte gestern Hamas-Führer Mahmoud Zahar zum Tode seines extremistischen 24jährigen Sohnes – auch das gibt es in Israel.
Die Links:
Head of ISA defines a terrorist as any Palestinian killed by Israel
Behind the Headlines: Escalation of Terror in Gaza
Kommentare
R.Gehring:
Erlittenes Unrecht rechtfertigt kein neues Unrecht. Wenn die Regier- ungen nicht ändern muss das Um- feld ändern. Das ist nur mit offen- er und ehrlicher Information mög- lich. Qualität ist der erst Schritt auf dem langen schweren Weg.
Allgemeine Aussagen sind immer richtig. Ich meine, die Israeli tanzen auf verschiedenen Ebenen. Anhänger der jüdischen Religion werden über den Tisch gezogen. Die israelische Regierung setzt einen provokativen Pflock und krebst dann scheibchenweise zurück um bei etwa 2/3 einen neuen Pflock zu setzen. Alle rennen jeweils den neuen Vorgaben hinterher. Die Definitionsmacht liegt aber allemal bei der israelischen Regierung. So kommt das israelische Kalkül weiter. Den Palästinensern hilft nur eine Revolution in den arabischen Staaten. Wenn wir Schwein haben, lassen diese die Israeli in Ruhe. Wenn nicht, bin ich eher für die Unterstützung der verhassten israelischen Führung. Die deutschsprachige Welt hat eh die Klappe für ein paar Generationen zu halten!
Seit langem habe ich das Gefühl, dass sich die israelischen Exponenten so benehmen können, weil sie unter Denkmalschutz der USA stehen, und die sind froh, Israel und die Palästinenser als "Blitzableiter" zu benützen, um von eigenen Problemen abzulenken.
Besten Dank
Freitag, 18. Januar 2008 um 09:49 >> antworten
Freitag, 18. Januar 2008 um 18:44 >> antworten
Dienstag, 22. Januar 2008 um 14:53 >> antworten