Herr Kollege: Heiko Flottau, freier Journalist, Kairo

Montag, 11. Mai 2009

Kommentare
salomon krieg:
leider zeigt sich bei herrn flottau ein gaengiges phenomen: faktenresistenz und einseitige parteinahme.
ich weiss nicht, ob er diese eigenschaften schon hatte, als er in den nahen osten kam, oder ob er sie sich hier aneignete.
von jemandem, der seit mehr 20 jahren hier lebt, bzw sich mit der region beschaeftigt, wuerde ich mir etwas mehr sach- und faktenkenntnis erhoffen.
die formel "land fuer frieden" spricht er an und unterschlaegt dabei, dass diese formel verlangt, dass die palaestinenser den terrorismus einstellen. dies ist bislang nicht geschehen.
mit seinen aussagen suggeriert er, dass der siedlungsbau das problem sei. jedoch gab es schon vor 1967 (also vor der eroberung des westbank) immer wieder terroristische anschlaege auf israel. samir kuntar ist ihnen dabei bestimmt ein begriff.
interessant ist hierbei auch, dass arafat die PLO (die bewegung zur befreiung palaestinas) 1964, also 3 jahre vor der besetzung der westbank gruendete.
war er hellseher?
oder geht es der PLO evtl um die befreiung des britischen mandats?

er sagt, israel "habe den radikalen islam geschaffen".
bitte? hat er sich jemals schriften von al-wahab zu gemüte gefügt?
dieser vor 200 jahren. wie solle israel diesen radikalen islamismus geschaffen haben?

er sagt, es wird keinen palaestinensischen staat geben, der diesne namen verdient.
vielleicht sollte er sagen, es wird nicht noch einen palaestinensischen staat geben, der diesen namen verdient.
de facto gibt es schon einen palaestinensischen staat. der heisst nur jordanien.
70% der jordanier sind palaestinser. jordanien macht einen grossteil des historischen palaestinas aus.
dass die palaestinenser dort von einer hashemitischer monarchie, die ihre macht auf die 30% beduinen stuetz regiert werden, koennte man durchaus kritisieren.

und dann bringt er edward said ins spiel. edward said ist nicht historiker sondern philosoph. seine historischen arbeit (orientalism) wurde von namhaften historikern verrissen. der vorwurf geht soweit, dass saids arabischkenntnisse ungenuegend sind, er quellen schoent bzw einseitig nutzt und von der materie schlicht und ergreifend keine ahnung hat.
eine vorlesung bei said besucht zu haben ist keine guetesiegel sondern eher disqualifikation.

Mittwoch, 13. Mai 2009 um 16:52 >> antworten

André Marty:
:
zu "fakten" - wie sie das nennen - kann sich jeder ein eigenes bild machen. etwas mehr sinn für realitäten und etwas weniger ideologie würde ich mir jedoch insbesondere erhoffen, wenn es um jordanien als "palästinenser-staat" geht: diese vor allem vor rechtsaussen politisierenden vorgetragene position verneint ja die zweistaaten-lösung, und damit den anspruch der palästinenser auf einen eigenen staat -- ist es das, werter salomon, was sie unter einer vision für den nahost-konflikt sehen?

Mittwoch, 13. Mai 2009 um 19:27 >> antworten

Heiko Flottau:
Dass die PLO vor 1967 gegruendet wurde. ist mir bekannt. Ebenso bekannt ist mir aber auch, dass die PLO auf dem Palästinensischen Nationalkongress in Algier im Jahre 1988 begann, Israel anzuerkennen (ich war seinerzeit in Algier, anders vermutlich als der Kommentator). Ebenso bekannt ist mir auch, dass die PLO 1996 und dann noch einmal in Anwesenheit von Präsident Clinton 1999 das Ziel der Vernichtung Israels aus ihrer Charta gestrichen hat. (Ich war seinerzeit in Gaza dabei, der Kommentator auch ?)Bekannt ist mir, dass die PLO und die Fatah 1991 in Madrid (ich war dort ebenfalls anwesend) zusammen mit den arabischen Staaten die Anerkennung Israels versprochen haben - im Gegenzug für einen palästinensischen Staat. Dasselbe wurde auf der Arabischen Gipfelkonferenz 2002 in Beirut vorgeschlagen - dort war ich ebenfalls anwesend (im Gegensatz vermutlich zum Kommentator). Der Terror, wie sich der Kommentatir ausdrückt, ist eine Reaktion darauf, dass nun auch die letzten 23 Prozent ihres Landes , die den Palästinensern bleiben, kolonisiert werden.
Dass Jordanien der "Palästinenserstaat" zu sein habe, ist eine Idee Sharons. Dass die Bevölkerung Jordaniens zu etwa zwei Dritteln aus Palästinensern besteht, ist eine Folge in erster Linie des Krieges von 1948 und der zionistischen Landnahme und der Vertreibung durch die israelische Armee (Siehe die Buecher von Ilan Pappe und Benny Morris und vielen anderen). Wollen Sie die Palästinenser der Westbank jetzt nach Jordanien vertreiben ?
Im übrigen: der PLO Delegierte Haider Abdel Shafi hat auf der Friedenskonferenz von Madrid 1991 vorgeschlagen, einen Palästinenserstaat mit Jordanien zu konföderieren.
Warum ist Israel auf dieses fast ideale Angebot niemals eingegangen?

Montag, 18. Mai 2009 um 16:32 >> antworten

salomon:
Warum lassen wir nicht einfach den PLO Botschafter in Beirut sprechen.
Die sog. gemäßigte PLO selbst verhält sich nämlich sehr widersprüchlich. Es kommt immer darauf an, wer da gerade spricht. Abbas Zaki, sagte dann auch Anfang Mai, dass die Zwei-Staaten-Lösung zu einem Zusammenbruch von Israel führen werde.
Der Einsatz von Waffen werde keine Lösung bringen, aber politische Verhandlungen ohne Waffeneinsatz würden ebenso erfolglos bleiben. "Angesichts der Schwäche der arabischen Welt und in Anbetracht der Tatsache, dass die USA die Welt kontrollieren, geht die PLO schrittweise vor, ohne dabei ihre Strategie zu ändern." Mit Allahs Hilfe, so träumt er "werden wir sie aus ganz Palästina vertreiben".

Dienstag, 19. Mai 2009 um 17:14 >> antworten

salomon krieg:
natuerlich kann sich zu fakten jeder ein eigenes bild machen.
das setzt aber voraus, dass er diese kennt, bzw. anerkennt.
das darfst du durchaus auch als kritik gegenueber dir verstehen.
es kann durchaus moeglichsein, dass rechte politiker (in deutschen/schweizerischen kontext waere wohl "konservativ" das passendere attribut) die position von jordanien als palaestinenser staat vortragen.
und?
dann haben sie hier eben eine position, die mit den fakten übereinstimmt.
70% der jordanier SIND PALAESTINESER.
30% der jordanier SIND BEDOUINEN.
die fuehrung ist eine hashemitische familie, die aus saudi arabien kommt.
das sind fakten und die koennen sie jederzeit ueberpruefen.
nun heisst jordanien nicht palaestine.
trotzdem liegt jordanien auf dem gebiet, das frueher palaestina genannt wurde.
auch israel liegt auf diesem gebiet.
allerdings macht jordanien etwa 70% dieses gebietes aus.
israel (+ westbank und gaza) dagegen nur etwa 1/5.
mir geht es mit der position von jordanien gar nicht um die negierung eines palestinensischen staates.
obwohl es diesen ja schon gibt.
wie soll ich eigentlich einen solchen negieren, wenn ich gerade sage, dass es ihn gibt.
aber nein, ich denke nur, dass es politisch und oekonomisch und auch militaerisch sinnvoller waere, die westbank wieder an jordanien anzugliedern, so war es 48 bis 67.
ein weiterer sehr kleiner palaestinensischer staat in der westbank halte ich in diesem zusammenhang für wenig sinnvoll.
die frage ist allerdings, ob die plaestinenser in jordanien die palaestinenser in der westbank wollen.
man munkelt, die wollen sie nicht, weil sie nur probleme machen wuerden.

Samstag, 16. Mai 2009 um 10:27 >> antworten

André Marty:
Die Idee der Konföderation mit Jordanien wurde in der Geschichte immer wieder von den Kolonialherren als Mechanismus genutzt, um loyale Kräfte zu stärken und palästinensische Bestrebungen zu bestrafen; dass diese sogenannte „Jordan-Option“ später von Leuten wie Sharon und McCain, Bush Junior ins Spiel gebracht wurde, mag deshalb nicht erstaunen.
Ueber 50% der in Jordanien lebenden Personen dürften Palästinenser sein. Nur: woher stammen diese Palästinenser? Richtig, es handelt sich zumeist um Nachkommen der Flüchtlinge, die nach den 1948er und 1967 Kriegen fliehen mussten.
Salomon, Fakten hin und her wummen übertüncht nicht, dass die „Jordan-Option“ primär einmal Ausdruck von Ideenlosigkeit und fehlendem Respekt ist – Visionen würde man das wohl nennen. Die „Jordan Option“ würde das jordanische Regime destabilisieren – ist das im Interesse Israels? Und das tantra-ähnliche Wiederholen dieser alleine aus diesem Grund realpolitisch besehen unrealistischen Option macht schon gar nicht wett, dass dadurch der ganze mittlere und nahe Osten in Flammen aufzugehen droht – interessiert das Israel nicht?
Und: warum taucht die „Jordan Option“ jetzt wieder auf und es spricht in Israel so gar niemand über die arabische Friedens-Initiative? Weil nicht Israel die Spielregeln diktiert, weil der status quo, das Aussitzen der Situation den kurzfristigen Interessen eher entspricht?
Oder interessiert primär einmal die Frage, wie der Annäherungsprozess - was ja von der rechts-aussen (und längst nicht beschönigend als konservativ zu bezeichnenden) Regierung Israel schon fast als Schimpfwort genutzten Zwei-Staaten-Lösung gleichgesetzt werden kann - zwischen Israel und den Palästinensern gestört oder, noch besser, gestoppt werden kann?

Samstag, 16. Mai 2009 um 11:45 >> antworten


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