Frauen - hinten Platz nehmen

Der Verkehrsminister kuscht, ein Entscheid des obersten Gerichts wird ignoniert, praktisch alle schweigen, oder schauen beschämt weg. In Jerusalem haben Frauen in verschiedenen Bussen der öffentlichen Verkehsbetriebe nicht nur hinten einzusteigen, sondern auch hinten Platz zu nehmen. Damit die ultra-orthodoxen Herren ungestört vorne sitzen können. Kollegin Mertens - nicht unbedingt das, was man eine Israel - basherin nennen könnte - von der NZZ am Sonntag hat sich des Themas angenommen.
Und sagen Sie jetzt nicht, dass erinnere ja an Teheran, gell.
Un- Heilige Allianzen
Stoppt den Siedlungsausbau. Sagen:
- Barak Obama
- Angela Merkel
- Nicolas Sarkozy
- Dmitry Medvedev
- Gordon Brown
- José Luis Rodriguez Zapatero
- Recep Tayyip Erdogan
- Hosni Mubarak
- König Abdullah von Jordanien
- Ban Ki- Moon
- Javier Solana
- Mahmoud Abbas
- Silvio Berlusconi
- und noch ein paar andere, die auf der Welt-Bühne nicht ganz so viel Gehör kriegen.
Und was geschieht: Nichts dergleichen. Nun, nicht Nichts im strikten Sinne des Wortes, wohl aber Nichts bezüglich der netten Rhetorik, für die Mann neuerdings gleich einen Friedensnobelpreis kriegt.
Was hingegen geschieht, ist eine unheilvolle Allianz zwischen National-Religiösen und Ultra-Orthodoxen.
Auf der Suche nach billigem Wohnraum schliessen sich die Religiösen mit der Siedlerbewegung zusammen; die Zahl der Siedler im besetzten Westjordanland - ohne das annektierte Ost- Jerusalem - ist seit den Oslo - Abkommen im Jahr 1992 von 105.000 auf 300.000 gestiegen. Sei's Beitar Illit mit seinen 40.000 Bewohnern über Bethlehem thronend, sei's Modi'in Illit, zwischen Tel Aviv und Jerusalem gelegen, wo bis im Jahr 2020 satte 150.000 Leute wohnen sollen; die Siedlungen wachsen, massgeblich wegen der kinderreichen ultra- orthodoxen Zuwanderer.
Damit verändert sich das politische Verhalten der ultra-orthodoxen Gemeinschaften: Standen sie früher weitgehend abseits des israelisch - palästinensischen Konflikts, gehören sie heute zu den lautesten Gegnern eines Siedlungsbau - Stopps. Vize- Premierminister Eli Yishai, der Chef der religiösen Shas - Partei, fordert gar den Bau von vier neuen grossen Siedlungen im besetzten Westjordanland. Seine Klientel wächst, so auch der Einfluss des religiösen Innenministers.
32 Prozent der israelischen Bevölkerung zwischen 18 und 30 Jahren bezeichnen sich heute laut der nationalen israelischen Bevölkerungsstatistik als national - religiös oder ultra- orthodox. Die Zahl der säkularen jüdischen Israeli sank im Gegenzug innert eines Jahrzehnts von 23 auf 17 Prozent.
Zielgruppen gerechtes Werben
Black Power X: Boykott und Prügel

Dass der orthodoxe israelische Gesundheits-Vizeminister – auf einen Minister konnte sich die Regierung Netanyahu nicht einigen – nichts mit der Schweinegrippe anfangen kann, das haben Sie sicherlich mitbekommen. Mexiko Flu, soll genannt werden, was nicht Schwein sein darf, da nicht kosher.
Haben Sie auch davon gehört, dass um die 2 000 Orthodoxe in Jerusalem für mehr getrennte Busse demonstriert haben; getrennt zwischen Männlein und Weiblein. Steine sind geflogen, Scheiben von Autobussen werden zertrümmert. Vorder- und Hintereingang, vordere und hintere Sitze in öffentlich-rechtlichen Autobussen, vorne Männer, hinten Frauen – das ist die Forderung.
Eine der grössten Industriegruppen Israels sieht sich mit Boykott-Aufrufen konfrontiert: „Kauft nicht bei Nochi Dankner“, Danker sei „der grösste aller Shabbat – Beschmutzer“, war in der orthodox dominierten Stadt Bnei Brak und in Jerusalem auf Flugblättern zu lesen. Zu Dankners Imperium gehört die Yesh-Supermarktkette, und die wiederum ist eigentlich sehr beliebt im Haredim-Markt – also kann der Boykott-Aufruf nebst religiösen Motiven durchaus auch ganz ganz irdische, sprich pekuninär-konkurrenz-getriebene Motive haben.
Harte Sitten auch, wenn’s ums Heiraten geht: Rabbi Yaakov Yosef findet, alle unverheirateten Yesivha-Studenten der religiösen Schulen im Alter von über 20 Jahren müssten Jerusalem verlassen. Der Rabbiner will an die Tradition vergangener Generationen anknüpfen, als die Verbannung aus Jerusalem als Bestrafung für Yesivha-Studenten vorgesehen war, die sich nicht verheiraten mochten.
Der Sohn, so scheint’s, folgt den familiären Traditionen. Papa Rabbi Ovadia Yosef, der spirituelle Leader der Shas-Bewegung, fordert Eltern und Lehrer auf, Jugendliche vom Rauchen abzuhalten – und wie: Sollte ein Yeshiva-Vorsteher einen Schüler beim Rauchen erwischen, dann solle er ihm eine schmieren und sagen: „Weshalb rauchst du?!“
Black Power IX: Fliegt nicht El Al

Bald ist wieder Reisezeit, denn Pessach (das jüdische Gedenk-Fest an den Auszug aus der ägyptischen Sklaverei) und das christliche Osterfest stehen an. Zeit also, Flüge zu buchen.
Ultra-orthodoxe jüdische Reisefreudige kriegen denn auch rechtzeitig zu den Feier- und Ferientagen eine Reiseempfehlung: Fliegt nicht El Al!
Ein veritabler Boykottaufruf also gegen die israelische Fluggesellschaft. Das rabbinische Komitee für Transportfragen fordert seine Klientel auf, nur mit Airlines zu fliegen, die filmfreie Flüge oder zumindest film-freie Zonen in ihren Flugzeugen anbieten. Filme sind das Problem; na Sie wissen schon, Pratt Pitt, Angelina Jolie und so. Egal, ob Sie als Flugpassagier individuell den Bildschirm abstellen können oder nicht. Egal, ob Sie die Film-Auswahl haben oder nicht.
Das Transport-Komitee publizierte zudem eine Liste jener Airlines, in denen die Crew sich gesittet kleidet. Dieselben Airlines, so Rabbiner Yitzhak Goldknopf, zeigten im Unterschied zu El Al nur Filme mit Wasser und Landschaftsbildern, und keine schmutzigen Filme.
Black Power VIII: Gesegnet, wer beim Fallen Geld vermehre

Der Rabbiner und seine Frau waren auf dem Weg von New York zurück nach Tel Aviv. Ein Rundreischen war’s gewesen, einmal über den grossen Teich und zurück.
Nicht bloss kosheres, sonder Glatt - kosheres Essen, also den strengen Auslegungen der Vorschriften entsprechende Verpflegung, haben sie für ihre Reise bestellt – und zwar sowohl für Hin- und Rückflug.
Doch das ist halt immer so eine Sache mit den israelischen Airlines: und prompt gibt’s für die Rabbiners auf dem Rückflug kein Glatt – kosheres Essen; sie müssten mit kosher vorlieb nehmen, was für einen Gottesmann offensichtlich überhaupt nicht in Frage kommt. Und so kommt, was kommen muss: Viele laute Worte im Flugzeug, aber eben kein Glatt – kosheres Essen.
Als der israelische Flieger in Israel landet, verlassen Herr und Frau Rabbiner den Unglücks-Vogel. Doch kurz nachdem Frau Rabbiner ihren Fuss auf gelobtes Land stellt hat, bricht sie zusammen. Beim freien Fall auf den irdischen Flughafenboden verliert sie ihr Kopftuch – und ihr Kleid verschiebt sich unsittlich.
Das geht gar nicht, nicht für die Frau eines Rabbiners. Das Paar klagt, und zwar wegen Peinlichkeit und der Schmerzen, die der Um-Faller verursacht habe; wüsste nicht, ob sich ein Richter in der Schweiz oder Deutschland ob solch‘ einer Zivilklage erheitern liesse – in Israel schenkt der peinliche Vor-Fall ein, und zwar nicht schlecht:
742 Dollar oder eben 3 000 Scheckel kriegt das Rabbiner-Paar von der Fluggesellschaft Israir – Geld fürs Hinfallen, Rock verrutschen, Kopftuch verlieren. So hat der erstinstanzlich urteilende Richter entschieden. Zunächst hatten Herr und Frau Rabbiner übrigens 4 000 Dollar gefordert – das hätte dann fast dem Wert von zwei Rundreise-Tickets Tel Aviv – New York – Tel Aviv entsprochen.
Und auch der ehemalige Fahrer des ultraorthodoxen, chassidischen Satmar – Rabbiners hat’s mit den Flugzeugen – aber auch er ist hingefallen: 90 000 Escstasy-Pillen sollen der ultraorthodoxe Fahrer aus Jerusalem und ein Komplize von Holland nach Japan geschmuggelt haben. In Japan wartete die Polizei auf die Pillenschieber.
Entschädigung dürfte es für diesen Um-Fall indess nicht geben.
Die Menschenrechts-Organisatio n Huma [...]