Herr Kollege: Pierre Heumann, Weltwoche
Pierre Heumann, das neuste Weltwoche-Titelbild ziert ein Foto aus der aktuellen Volvo-Werbung. Kriegst Du nun bald ein neues Dienstauto?
Ja, aber bitte ohne Fenster. Beim Reisen in der Westbank ist das vor Vorteil. Fliegende Steine richten dann am Wagen keinen Schaden an.
In Israel wärst Du mit einem Volvo flott dabei, das ist bekanntlich die Marke, die Minister fahren.
Mach doch einfach einen Bericht für die Tagesschau, in dem Du in Schweden um einen Wagen bittest.
Für die 1,5 Millionen Menschen im Gaza-Streifen war der Sturm der Grenz-Mauer das wichtigste Ereignis der Woche. Auch für Dich?
Ja – überrascht bin ich allerdings, dass das denen nicht früher eingefallen ist.
Kritiker werfen Dir vor, Du seiest kein Freund der Hamas-Bewegung. Bist Du’s oder bist Du’s nicht?
Ich bin vielleicht kein Freund der Hamas, aber ich achte sie und nehme sie ernst. Die Effizienz, mit der die Hamas zu Werke geht, finde ich beeindruckend. Sie ist jetzt ein zentraler Schachspieler in der Region.
Viele Israeli waren mit dem Uni-Streik beschäftigt, der nun abgebrochen worden ist. Damit kann Dein Sohn doch noch seine Prüfungen schreiben.
Vom Streik war er nur am Rande betroffen - die Organisation des Akademiker-Protests war, wie so vieles in Israel, recht chaotisch. Du kannst ihm also die Daumen drücken, Du kennst ihn ja, er hat schon für Dich übersetzt.
Seit 14 Jahren berichtest Du aus dem Nahen Osten. Wird das nicht langsam monoton?
Mein erster Arbeitstag war der 13. September 1993, als sich Rabin und Arafat in Washington die Hand zum Frieden reichten. Da kann ich ja gleich wieder abreisen, dachte ich mir damals, der Frieden bricht aus. Doch nach der Euphorie der Oslojahre kamen die grosse Ernüchterung und dann der Gewaltausbruch.
Und mitten drin der Pierre Heumann, der staunt...
...dass es immer wieder überraschende Wendungen und Drehungen gibt, die dafür sorgen, dass einem tatsächlich das Staunen nicht vergeht, erlebst Du jetzt ja selber. Zudem beschränkt sich das Gebiet, über das wir berichten, nicht auf das Heilige Land. So habe ich jetzt recherchiert, wie und weshalb ausgerechnet das ölreiche Abu Dhabi mehrere Milliarden in erneuerbare Energien steckt. Zusammen waren wir ja auch schon in Dubai, Kairo, Doha oder Beirut – da liegen die Geschichten auf der Strasse rum. Ein T-Shirt, das ich nach dem Libanon-Krieg in Beirut gesehen habe, bringt das auf den Punkt: „Sorry, the Press is back".
US-Präsident Bush geht bald in Pension. Was wird er uns hier im Nahen Osten hinterlassen?
Bevor er sich verabschiedet, will er im Mai nochmals nach Jerusalem. Dort wird er zunächst einmal ein Chaos hinterlassen: Die Stadt wird für seinen Besuch „steril" gemacht.
Pierre, Dein Ausblick auf die nächsten paar Wochen?
Vielleicht lernen die Palästinenser in der Westbank von den Brüdern in Gaza – und marschieren auf die jüdischen Siedlungen los. Und Olmert wird um seinen Job zittern, wenn am Mittwoch abend der Untersuchungsbericht über sein Verhalten während des Zweiten Libanonkriegs veröffentlich wird. Das wird ein riesiges Medienspektakel. Hattest Du „monoton" gesagt? Keine Bange, Du wirst in den nächsten Wochen nicht vom Bildschirm verschwinden. Ich hoffe aber, dass Dir trotzdem genügend Zeit bleiben wird, um Deinen Spitzen-Blog weiter zu führen.
Die Menschenrechts-Organisatio n Huma [...]