Frau Kollegin: Tania Krämer, Deutsche Welle, Jerusalem

Tania, kein glückliches Wochenende für deutsche Fussballfans... Betrifft Dich der deutsche Fussball in Israel und Palästina überhaupt?
Er hat mich insofern betroffen, als dass der Fußball mehr Sendeminuten bekommen hat als unser Berichtsgebiet. Das Viertelfinale Deutschland-Portugal habe ich mir in Gaza angeschaut – zum Glück gab es an diesem Abend Strom - und es war ein sehr netter Abend. Aber jetzt nach dem wenig glamourösen Aus der deutschen Elf bin ich auch froh, dass es wieder vorbei ist - bis zu den olympischen Spielen.
Also Probleme, Themen während der Fussball-EM in die Sendungen zu bringen?
Ja, ich habe schon gemerkt, dass die Heimat-Redaktion eher in Fußballstimmung war. Aber es kommt natürlich immer auch auf die Nachrichtenlage an: Als sich abzeichnete, dass sich die Hamas und Israel auf eine Waffenruhe geeinigt hatten, war das Interesse recht groß. Danach – besonders nachdem Deutschland auch noch das Halbfinale gewonnen hatte – war es schon schwieriger, wieder etwas unterzubekommen.
Du bist eine der wenigen Video-Journalistinnen im Nahen Osten, das heisst, Du drehst Deine Beiträge auch selber. Geht das überhaupt?
Schwierige Frage! Letztlich ist natürlich entscheidend, was dabei herauskommt, also ob der Bericht informativ und anschaulich ist. Wie der Bericht entsteht, ist dann eigentlich zweitrangig. Aber natürlich stelle ich mir auch die Frage, ob der Videojournalismus – sprich das Ein-Mann/Frau-Team - für dieses Berichtsgebiet die ultimative Lösung ist. Da sich hier Situationen sehr schnell verändern und man schnell reagieren muss. Auch spielt die Sicherheit eine Rolle. Deshalb bin ich grundsätzlich auch immer zu zweit unterwegs.
Wie sind denn die Reaktionen auf eine weibliche Journalistin und Kamerafrau im arabischen Raum?
Sehr unterschiedlich. Als Videojournalistin sieht man schon manchmal den ein oder anderen erstaunten Blick, denn viele erwarten ein Kamerateam mitsamt Entourage, das gehört sozusagen zum Geschäft. Aber meistens legt sich das nach den ersten Minuten und ich versuche auch, das nicht zu sehr an mich ranzulassen, sondern mich auf die Arbeit zu konzentrieren. Darum geht es ja letztlich. Weibliche Gesprächspartner finden das im Übrigen oft ganz interessant und ich habe den Eindruck, es ist für sie leichter, mit mir zu reden als wenn noch ein Kameramann und ein Tonmann dabei sind. Was die männlichen Kollegen angeht, da müsstest Du sie wohl selbst fragen, was sie davon halten!
Du hast soeben einen längeren Beitrag über die Arbeit von uns Journalisten im israelisch-palästinensischen Konflikt realisiert. Dürfen wir Journalisten zufrieden sein mit der Qualität unserer Arbeit?
In dem Beitrag ging es vor allem darum, dem Zuschauer zu zeigen, wie unterschiedlich Journalisten hier arbeiten. Unterschiedlich nicht so sehr was das Handwerk eines Journalisten betrifft, sondern zum Beispiel schon allein durch die Tatsache dass einige Journalisten gar nicht mehr direkt in ihr Berichtsgebiet reisen können. Als israelischer Journalist zum Beispiel ist Gaza zur Zeit unerreichbar. Die Kollegen müssen sich also die Informationen aus anderen Quellen holen, wie zum Beispiel den arabischsprachigen Fernsehsendern. Andere gehen aus Sicherheitsgründen dort nicht mehr hin. Deswegen muss die Berichterstattung nicht schlechter sein, aber wir als Journalisten sollten in dieser Hinsicht transparenter für unsere Zuschauer werden und auch mal erklären, wie Berichte entstehen und warum dies so ist. Der Bericht ist übrigens in Zusammenarbeit mit einer Kollegin aus Berlin entstanden, die mit einem Blick "von aussen" sozusagen hierherkam und für die diese Problematik auch neu war.
Du hast dieser Tage mit den Angehörigen der in den Libanon entführten israelischen Soldaten Ehud Goldwasser und Eldad Regev gesprochen. Wie gehst Du als Journalistin auf diese Menschen zu - ist ja immer heikel und nicht aller Journalisten Stärke, der Umgang mit Emotionen.
Das ist in der Tat nicht immer einfach und hängt auch sehr stark von der Situation ab. Letzte Woche ging es zum Beispiel ganz konkret darum, dass die israelische Regierung die beiden von der Hisbollah entführten israelischen Soldaten für tot erklären lassen wollte. Für die Eltern von Udi Goldwasser war dies ein Schock und sie waren ziemlich aufgebracht. In dem Fall habe ich mir schon Gedanken darüber gemacht, wie ich die ein oder andere Frage formuliere. Während des Interviews haben die Eltern aber sehr souverän auf die Nachfragen reagiert – und mir damit meine Arbeit auch erleichtert.
Wie grenzt Du Dich eigentlich ab als Person, hier in diesem harschen politischen Klima, das den Journalisten teils entgegenschlägt?
Es sicherlich wichtig, sich immer wieder kurze Auszeiten zu nehmen (wenn möglich) und damit etwas Abstand zu gewinnen. Denn sonst passiert es sehr schnell, dass man entweder total abstumpft oder zynisch wird. Und das ist ja nicht gerade hilfreich für unseren Job.
Israels Premier Olmert konnte wieder einmal den Kopf aus der Rücktritts-Schlinge ziehen. Interessanterweise war dies kaum ein Thema in den internationalen Medien. Sind unsere Zuschauerinnen und Zuschauer dermassen "nahost-müde"?
Ich habe den Eindruck, dass die Redaktionen um jeden Tag froh sind, an dem sie kein Nahost-Thema bringen müssen. Was Premierminister Olmert angeht, so ist das wohl von aussen zur Zeit nur noch sehr schwer zu verstehen, was dort gerade innenpolitisch passiert. Nahost-müde Zuschauer? Das mag ich so nicht pauschal beurteilen. Vielleicht liegt dies daran, dass wir im schnelllebigen Nachrichtengeschäft oft aus Zeitgründen kaum mehr Hintergründe liefern. Das braucht man aber eigentlich als Zuschauer, um zu verstehen, warum sich das jetzt so entwickelt und nicht anders. Dann ist das Interesse natürlich auch schnell dahin.
Tania, was wird Dich in den nächsten Wochen journalistisch beschäftigen?
Sicherlich wird mich der Gefangenenaustausch weiter beschäftigen und die Entwicklungen im Gazastreifen. Und dazu kommen noch Hintergrundberichte für Sommerserien - dank sogenannten Sommerloch in Deutschland.
Die Menschenrechts-Organisatio n Huma [...]