Herr Kollege: Conny Mus, RTL4 Holland, Jerusalem

Conny, heute hat das israelische Verteidigungsministerium mitgeteilt, Journalisten dürften heute wieder nach Gaza einreisen. Überrascht?
Nein, nicht wirklich. Denk an die Petition der Foreign Press Association FPA vor dem israelischen High Court gegen die Aussperrung, die weltweite Berichterstattung und den diplomatischen Druck; es scheint, als ob sie keine andere Wahl hatten -- und vor allem keine Argumente, uns Journalisten noch länger draussen zu halten.
Seit vier Wochen war den internationalen Medien der Zugang zum Gaza-Streifen verweigert worden. Gab’s heute eine Erklärung der Armee, warum jetzt der Übergang in Erez wieder offen ist?
Nein, es gab keine Erklärungen warum der übergang geschlossen war. Ich glaube wir können festhalten, dass Israel uns dazu zwingen wollte, über den Raketenbeschuss aus dem Gaza-Streifen nach Israel zu berichten. Denn die Behörden sind nicht glücklich mit der internationalen Berichterstattung, was aus meiner Sicht überhaupt keine Grundlage hat.
Die Tatsache, dass der Druck der Medien dazu führte, dass wir Journalisten wieder nach Gaza einreisen können, ist schon ein kleiner Erfolg der Medien, oder?
Ja, das sehe ich auch so. Die ständigen Bemühungen der FPA seit Beginn der Ausschliessung, der anhaltende Druck führten offensichtlich dazu, dass wir jetzt wieder aus Gaza berichten können. Die einzige Frage die bleibt: Wie lange wird die Armee diese Policy fahren. Das bereitet mir schon sorgen, nachdem was in den letzten vier Wochen geschehen ist.
Conny, wann warst Du eigentlich das letzte Mal in Gaza?
Das war vor mehr als sechs Wochen.
Vier Wochen verweigerte das israelische Verteidigungsministerium ausländischen Journalisten den Zugang zum Gaza-Streifen. Wie erklärst Du Dir dieses Vorgehen?
Wir wissen’s nicht, da es ja keine offizielle Erklärung dazu gibt. Das einzige, was wir gehört haben waren Aussagen wie: es geht nur humanitäre Hilfe rein, oder dann wurden „Sicherheitsgründe“ angefügt oder dass ausländische Journalisten nicht rein dürften, bis das Abfeuern von Kassam-Raketen auf Israel gestoppt werde. Der israelische Botschafter in den Niederlanden rechtfertigte diesen Schritt übrigens damit, dass nun vermehrt über die israelische, an den Gaza-Streifen grenzende Stadt Sderot berichtet werden könne, die von palästinensischen Extremisten mit Raketen beschossen wird.
Du sitzt im Vorstand der Foreign Press Association FPA. Die FPA versuchte nicht bloss, Erklärungen für die Aussperrung der Journalisten vom Verteidigungsministerium zu kriegen, sondern hat auch an das oberste israelische Gericht appelliert. Weshalb insistierte die FPA, dass ausländische Journalisten in den Gaza-Streifen einreisen dürfen?
Wir gehen davon aus, dass es wichtig ist, über den Gaza-Streifen zu berichten. Es gibt viele wichtige Bereiche, übe die berichtet werden sollte, etwa die humanitäre Krise, die Spannungen zwischen Fatah und Hamas, das Abfeuern von Raketen auf Israel und so weiter und so fort. Und wir glauben sehr stark an die Pressefreiheit, die Israel im Moment verletzt. Mal abgesehen davon, dass wir nicht der Meinung sind, dass die israelische Armee darüber zu bestimmen hat, wer in den Gaza-Streifen einreisen darf und wer nicht, da sich ja die Armee aus dem Gaza-Streifen zurückgezogen hat.
Zum ersten Mal verhindern die israelischen Behörden die freie Berichterstattung in diesem Ausmass. Stehen wir vor einer neuen Ära der Kriegsführung?
Das hoffe ich zwar nicht, aber deshalb ist es wichtig um den Zugang zum Gaza-Streifen zu kämpfen. Ansonsten droht uns auch die Schliesung anderer Gebiete als Journalisten, etwa des Westjordanlandes. Insofern ist es tatsächlich das erste Mal, dass die Berichterstattung dermassen eingeschränkt wird.
Conny, gibt es Hoffnung auf eine Annäherung zwischen Israeli und Palästinensern, jetzt da bald ein neuer US-Präsidenten im Amt sein wird und es in Israel zu Neuwahlen kommt?
In meiner Zeit im Nahen Osten habe ich gelernt, keine Prophezeihungen mehr zu machen – du liegst immer daneben…
Was wird Dich in den nächsten Wochen journalistisch beschäftigen?
Die Berichterstattung über den Gaza-Streifen, wenngleich von aussen und damit abhängig von palästinensischen Bildern und Informationen; dann ein Bericht über das „Museum für Toleranz“ in Jerusalem, die Zusammenstösse zwischen Siedlern, Soldaten und Palästinensern in Hebron – und wer weiss, was alles geschehen wird...
Die Menschenrechts-Organisatio n Huma [...]