Cameraman down

Kaffe hat er mir gemacht. Mit zwei Löffeln Zucker, stark wie die Sau. Der Protest des Foreign Correspondent, sich schon selber einen Kaffe einschenken zu können, liess er nicht gelten. „You’re our guest, my friend.“
Das war vor drei Wochen im Büro von Reuters in Gaza.
Jetzt ist er tot. Fadel Shana, 23jähriger Kameramann, bei einem israelischen Militärangriff umgekommen. Das Video von seinem Tod ging um die Welt: der Panzer feuert, die Kamera läuft – dann wird’s schwarz. Fadel hat seinen eigenen Tod gefilmt.
Fadel Shanas Autopsie hat ergeben, dass er höchstwahrscheinlich von einem sogenannten Flechet-Geschoss ermordet worden ist. Diese hässliche, völkerrechtsverletzende Waffe – einzig für die israelische Armee liegt kein Problem mit dem Völkerrecht vor - verschiesst Tausende Metallpfeile, ist treffunsicher und deshalb von verheerender Wirkung.
Während das israelische Militär nach anfänglichem Schweigen nun doch eine Untersuchung „des Vorfalls“ einleiten will, tönt’s aus dem israelischen Aussenministerium so: „Im Kriegsgebiet gibt es keinen Schutz für Journalisten.“
Aussagen, bei denen nicht nur mir, sondern auch Ihnen das Blut in den Adern kurz stehen bleiben sollte. Denn was der gute Lautsprecher-Mann des Ministeriums da von sich gibt, heisst ja nichts anderes, als dass Journalisten einerseits legitime Zielscheiben sind und anderseits schlicht unerwünscht im palästinensisch – israelischen Konflikt. Wer lässt sich beim Töten schon auf die Finger sehen.
Aussagen, die kaum noch auffallen. Denn schauen wir doch wieder einmal in die Redaktionen und auf die Reaktionen der lieben Kolleginen und Kollegen nach dem Tod des Reuters-Kameramanns:
NZZ: 8 Zeilen
News: 9,5 Zeilen
Tages-Anzeiger: 1 (ein) Satz
Die Südostschweiz: 14 Zeilen
Schweizer Fernsehen SF: 15 Sekunden
Frankfurter Allgemeine Zeitung: 84 Zeilen Hintergrund-Bericht
The Guardian: 38 Zeilen Hintergrund-Bericht
Süddeutsche Zeitung: null (0) Zeilen
Spiegel online: 38 Zeilen
Le Monde: 18 Zeilen
Aargauer Zeitung: 11 Zeilen
Basler Zeitung: 8 Zeilen
Der Bund: 12 Zeilen
Der Tod ist nicht allzu viele Zeichen und Sendezeit mehr Wert.

Und: Wie ist das eigentlich mit der Tatsache, dass im Irak, Libanon, Afghanistan und Gaza meist Locals wie Fadel Shana umkommen, also einheimische Journalisten und Kameraleute, aber weit seltener Ausländer: Haben wir Westler das Sterben an die andern delegiert?
Ein Journalisten-Leben ist nicht wertvoller als irgend ein anderes Leben. Aber auch nicht weniger.
Die Waffe
Wenn Sie den bedauerlichen Tod des palaestinensischen Fotografen als "Mord" bezeichnen ist dies nicht nur bösartig und falsch.Sie dokumentieren damit einmal mehr Ihre antiisraelische Haltung und sind für mich deshalb Vertreter des Schweizer Fernsehen nicht mehr tragbar. Hier noch zu Ihrer Erinnerung die juristische Definiation von Mord:(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.
Dienstag, 22. April 2008 um 22:46 >> antworten
und wer garantiert dir, dass der Schütze des Panzers nicht genau aus diesen Motiven gehandelt hat? Vielleicht hat er sich am Abend danach beim Gedanken an den Schuss selbst befriedigt. Und dass er so das verdecken von Straftaten gefördert hat liegt ja sowieso auf der Hand, da ein toter Journalist kaum noch etwas kritisches produzieren kann!
Wenn sie aber noch sagen, Herr Marty sei für das SF nicht mehr tragbar, kann ich nur sagen: Zum Glück liegt das nicht in ihrer Entscheidungskompetenz
Zum Thema noch kurz: Finde die Reaktion der sonstigen Presse mal wieder erstaunlich... Es kann doch nicht sein, dass der Tod eines Kollegen mit ein paar wenigen Zeilen "abgefertigt" wird
Mittwoch, 23. April 2008 um 08:09 >> antworten
Mittwoch, 23. April 2008 um 08:43 >> antworten
Wenn die Feinde Israels von gezieltem hinterlistigen Mord sprechen ist dies falsch und bösartig aber leider nicht zu verhindern.
Bei Andre Marty ist dies anders: Er wurde mit unseren Steuergeldern für das Schweizer Fernsehen in den Nahen Osten geschickt um die Oeffentlichkeit ausgewogen über den Nahostkonflikt zu informieren. Mit so einer Haltung ist dies nach meiner Ansicht nicht mehr möglich.
Mittwoch, 23. April 2008 um 09:55 >> antworten
Herr Marty hat doch gar nicht von "gezieltem, hinterlistigem Mord" gesprochen, das haben Sie hineininterpretiert. Wobei das Video schon zeigt, dass gezielt auf den Mann geschossen wurde und angesichts der fehlenden Möglichkeit, dem Geschoss auszuweichen und der verwendeten Munition (Flechette) man durchaus von Heimtücke sprechen könnte. Zumindest hier in Deutschland ist Heimtücke dann gegeben, wenn das Opfer keine Möglichkeit der Gegenwehr hat, zum Beispiel, wenn es schlafend im Bett liegt. Ich bin keine Anwältin, aber für mich sieht es nicht so aus, als hätte Fadel Shana irgendeine Möglichkeit gehabt, dem Geschoss auszuweichen oder als sei er zufällig Opfer eines Querschlägers o.ä. geworden. Finden Sie angesichts all dessen nicht, dass Sie ein bisschen übertreiben, wenn Sie Herrn Martys Existenzgrundlage angreifen, weil er ein Wort verwendet, das Sie für unangebracht halten?
Mittwoch, 23. April 2008 um 14:30 >> antworten
Ich finde es schön,wie Sie sich für den auch mir sehr gut bekannten Journalisten Andre Marty einsetzen.Zurück zur Realität: Andre Marty sprach von Mord.Die juristische Bedeutung dieser schwerwiegenden Anschuldigung habe ich bereits zitiert, daran gibt es nichts zu rütteln.Der Journalist ist bedauerlicherweise ein Kriegsopfer geworden nicht mehr und nicht weniger. Noch etwas: Sie haben Recht - wir sind hier nicht in einem Gerichtsverfahren. Hier geht es um viel mehr: Andre Marty beschuldigt die israelische Verteigungsarmee des gezielten Mordes an einem unschuldigen Journalisten. Mit dieser hat er absichtlich die moralischen Grundsätze der IDF angegriffen. Das ist bösartig und ehrverletzend ! Ich kenne die IDF von meiner mehrjährigen Dienstzeit her sehr gut.Ich habe mit meinen eigenen Augen miterlebt wie IDF Soldaten unter dem Einsatz
ihres Leben palästinensische Zivilisten vom sicheren Tod bewahrt haben.Für die Soldaten der IDF ist dies selbstverständlich. Andre Marty sollte dies nach seiner mehrjährigen ganz genau wissen. Deshalb sind seine grundlosen Anschuldigungen so pervers.
Selbstverständlich hat Andre Marty ein Recht auf eine private Meinung und damit habe ich keine Mühe. In diesem Blog wird er aber als Reporter des SF DRS wahrgenommen und ist deshalb für mich für eine ausgewogene Berichterstattung nicht mehr tragbar.
Mittwoch, 23. April 2008 um 22:00 >> antworten
Lebenshaus Schwäbische Alb :: Internationales, Militär und Krieg :: Die prächtigen 27 - israelische Piloten verweigern unmoralische Befehle
"Vor anderthalb Jahren entschied sich eine kleine Gruppe Israelis, ein Tabu zu brechen und das Problem der Kriegsverbrechen zur Sprache zu bringen. Bis dahin war es selbstverständlich, dass die israelische Armee “die moralischste und humanste Armee der Welt” ist - so die offizielle Redeweise - und deshalb kann sie solche Dinge nicht tun. "
http://www.lebenshaus-alb.de/magazin/001920.html
Sie, Fredy, versuchen den Mythos, von dem Avnery spricht, aufrecht zu erhalten und reagieren überaus sensibel auf ein Wort, das sie als Angriff auf diesen Mythos verstehen. Wenn dieser Mythos wahr wäre, dann wäre es ein leichtes, mit einem müden Lächeln auf diesen vermeintlichen Angriff zu reagieren. Statt dessen greifen Sie die Existenzgrundlage des Journalisten an und solidarisieren sich mit den Soldaten, die die Existenz von Fadel Shana ausgelöscht haben. Ist Ihnen die Parallele bewusst?
Donnerstag, 24. April 2008 um 09:15 >> antworten
Donnerstag, 24. April 2008 um 09:19 >> antworten
alles Beschreibungen über André Marty`s Job als Korrespondent, der eben einen geschätzten Kollegen auf die wohl sinnloseste Art verloren hat - und der vor ein paar Tagen unmissverständlich daran erinnert wurde, dass sein Berufsstand in Israel des Lebens nicht mehr sicher ist.
Darf ein solcher Tod nicht aufrütteln? Darf das Sterben von Fadel Shana nicht wütend und ohnmächtig machen? Darf man nicht kritisch und schockiert berichten, dass eine Panzergranate unverantwortlich gesteuert und dabei einen Medienmann umgebracht hat.
Darf man aus dem heiligen Land nicht mehr berichten, was man sieht und hört? Darf die Welt nicht wissen, wie wahnsinnig der Krieg in Israel ist?
Ich bin stolz, dass ich für die kompetente, menschliche und sachliche Berichterstattung von André Marty Steuern zahle!
Donnerstag, 24. April 2008 um 08:31 >> antworten
Das ist ganz einfach sehr schlechter Journalismus.
Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass Andre Marty durch den Tod des jungen Kamermannes emotionel aufgewühlt ist.
Mit seinen Emotionen als Journalist umzugehen ist eine Kunst die Andre Marty offenbar zu wenig beherrscht.Er hat eindrücklich dokumentiert, dass er unter dem Eindruck seiner Emotionen nicht mehr objektiv und wahrheitsgemäs berichten kann.
Das will bei weitem nicht heissen, dass er ein schlechter Journalist ist. Ganz im Gegeneil:Nur sensible Journalisten sind erfolgreich, allerdings darf er dabei nicht Unwahrheiten verbreiten.
Donnerstag, 24. April 2008 um 19:51 >> antworten
Wie Sie fühlten sich einige Soldaten der Bundeswehr und vorher, als Tucholskys Stück veröffentlich wurde, auch der Reichswehr, beleidigt, als Ihre Tätigkeit als Mord und sie selbst als Terroristen bezeichnet wurden. Das ist verständlich. Es zeugt von einer gewissen Selbstidealisierung, die wohl alle Armeen bis zu einem gewissen Grad praktizieren müssen, um ihre Tätigkeit ausüben zu können und nicht in Selbstverachtung zu versinken. Ich wundere mich zwar immer, dass so etwas auch nach der aktiven Zeit noch lange anhält, aber ich bin ja auch nie derart indoktriniert worden, so dass mir da etwas entscheidendes fehlt.
"Kriegsopfer" ist ein euphemistischer Begriff, der gerne verwendet wird, um das, was Soldaten nun mal tun, nämlich Menschen umbringen, zu impersonalisieren und sie zu befähigen, damit weiter zu machen. Aber die Menschen sind keine Opfer des Krieges, sondern derjenigen, die Krieg führen. Krieg wird von Menschen geführt und ist keine Naturkatastrophe, die über uns kommt, ohne dass wir was damit zu tun hätten. Die Soldaten im Panzer haben Fadel Shana direkt abgeschossen, ohne jegliche Notwendigkeit. Ob sie es kaltblütig taten, kann man nicht erkennen, aber es war keine Selbstverteidigung und es war für das Opfer nicht möglich, sich gegen diesen Angriff zu wehren. Auch in Kriegszeiten kann man nicht einfach hingehen, Leute erschießen und dann behaupten, "ich kann nichts dafür, der Krieg war's". Das müsste doch sogar für ehemalige Soldaten verständlich sein.
PS: Dafür, dass der Schutz palästinensischer Zivilisten für IDF-Soldaten - auch noch unter Einsatz ihres eigenen Lebens - selbstverständlich ist, kommen ganz schön viele dieser Zivilisten um und ganz schön wenige dieser Soldaten. Wer war es noch mal, der gesagt hat, dass das einzige, was er spüre, wenn er eine Bombe auf Wohngebiete voller Zivilisten fallen lässt, ein leichtes Zittern des Flügels sei? Ist der auch so ein heldenhafter Retter palästinensischer Zivilisten, der unter Einsatz seines eigenen Lebens die "Kollateralschäden" so gering wie möglich hält?
Donnerstag, 24. April 2008 um 08:59 >> antworten
Trotzdem habe ich natürlich auch gesehen wieviel Probleme während der bisherigen Aufbauarbeit auf der Strecke geblieben sind. Israel hat es nicht geschafft mit allen arabischen Nachbarn einen Friedensvertrag abzuschliessen. Die Rechte der arabischen Minderheiten wurden und werden immer noch vernachläsigt und es gibt immer mehr Armut die bekämpft werden muss.
Trotzdem bin ich stolz auf das bisher geleistete und zuversichtlich, dass die sehr dynamische israelische Gesellschaft bereit ist schmerzhafte Konzessionen machen wird, damit ein friedlicher und demokratischer Staat Palästina neben Israel
entstehen kann.
Donnerstag, 24. April 2008 um 20:31 >> antworten
Samstag, 26. April 2008 um 10:33 >> antworten
Samstag, 26. April 2008 um 19:09 >> antworten
Sonntag, 27. April 2008 um 07:46 >> antworten
Sonntag, 27. April 2008 um 11:20 >> antworten
Mit freundlichem Gruß, Nadine
Montag, 28. April 2008 um 08:25 >> antworten
Ich rate Ihnen sehr, tun Sie persönlich etwas um das Leiden der palästinensischen Kinder wenigstens ein bisschen zu verbessern. Ich jedenfalls bemühe mich 20-40 israelische Kinder aus dem Kriegsgebiet in die Ferien in die Schweiz zu bringen, damit Sie dem Alltag in den Bunkern wenigstens ein bisschen entfliehen können.
Nadine - tun auch Sie etwas Kinder sind Kinder und auch die Kinder in Gaza haben Hilfe nötig. Für mich bringt dies mehr, als meine beschränkte Energie in unsinnigen Bloqs zu vergeuden.
Also beenden wir diese Diskussion.
Montag, 28. April 2008 um 18:19 >> antworten
Was dann aber noch dazu kommt ist, wenn die Schweiz einen Vertrag mit dem Iran abschliesst (wohlbemekrt, einen PRIVATEN!!!) lanciert die jüdische internationale Gemeinde eine unbeschreibliche Hetzkampagne und wirft uns vor wir förderten den Antisemitismus etc. Sry, aber ich würde mich in Grund und Boden schämen wäre ich Jude oder Israeli!
Donnerstag, 24. April 2008 um 13:02 >> antworten
en guete trotz allem
Donnerstag, 24. April 2008 um 13:03 >> antworten
Daniel Barenboim:"In tiefer Sorge frage ich heute, ob die Besetzung und Kontrolle eines anderen Volkes mit Israels Unabhängigkeitserklärung in Einklang gebracht werden kann. Wie steht es um die Unabhängigkeit eines Volkes, wenn der Preis dafür ein Schlag gegen die fundamentalen Rechte eines anderen Volkes ist?"
Donnerstag, 24. April 2008 um 13:12 >> antworten
Donnerstag, 24. April 2008 um 19:06 >> antworten
Trotzdem es schöns weekend!
Freitag, 25. April 2008 um 07:02 >> antworten