„Tanzen Sie!“

 

Die Worte des Sicherheitsbeamten liessen nichts an Deutlichkeit zu wünschen übrig. Und wer Abdur-Rahim Jackson heisst, noch dazu dunkler Hautfarbe ist – ja, der wird in seinem Leben schon einiges zu hören bekommen haben. Bloss: „Tanzen Sie“, hiess es Mitte September am Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv. Und Abdur-Rahim Jackson ist einer der Spitzen-Tänzer der Alvin Ailey Tanz-Gruppe, einem der weltberühmtesten Tanz-Ensembles. 

 

Der 31jährige Star-Tänzer mit amerikanischem Pass fühlte sich nach seinem unfreiwilligen Auftritt in einer „really embarrassing and unpleasant position to be in“. Ganz hat Jackson seinen Humor nicht verloren: Als er von einem Auftritt in die USA zurückflog, hatte er auch dort vor-zu-tanzen. „Maybe I need to get used to dancing at airports“, meint der Tänzer trocken. 

 

Dass alleine ist längst keine Headlines mehr Wert. Erstaunlich bleibt bloss, wie gewöhnungsfähig das menschliche Wesen doch ist. Und irgendwie ist ja immer Verlass auf israelische Diplomaten. So hat sich jetzt Israels Diplomatie tatsächlich öffentlich zu dieser Tanzeinlage geäussert. Auch hier gilt: wie immer klar auf den Punkt gebracht:

 

„We should apologize? Why? The dancer should apologize!“ 

 

 

Nein, das ist keine Erfindung. Das sind die Worte des israelischen Konsuls für „Media and Public Affairs“ des israelischen Konsulates in New York. Publiziert auf der Homepage der grössten israelischen Tageszeitung Yedioth Acharanot. Und damit's auch alle in Amerika - Tänzer oder nicht - lesen können, wurde auch gleich die englische Uebersetzung ins Netz gestellt. Public diplomacy, Israeli stile.

 

Der Konsul in seiner Eigenschaft als Verkäufer der israelischen Interessen setzt noch einen drauf in seiner Schrift: Nicht bloss keine Entschuldigung, nein! „After all, he should have know that in Israel, everyone is equal in the eyes of airport security. It’s just that the others we screen are not asked to dance.“ 

 

Selbst wenn man allenfalls Ansätze von Humor in des Herrn Konsuls offiziellen Worten suchen würde – vortreten wer von sich behauptet, er kenne einen humorvoll argumentierenden Diplomaten -: habe mir mal vorgestellt, was denn so in etwa abgehen würde, wenn in Zürich / Kloten oder Frankfurt/Main sagen wir ein israelischer Geschäftsmann aufgefordert würde, Geschäfte zu belegen. Oder ein Militär-Berater seine Verabredungen deklarieren sollte, ein Musiker angehalten würde, sein Instrument zu spielen. - Oh Oh...

 

Hierzulande durchaus denkbar.

 

 

Wissam Tayem ist Musiker. Der 28jährige spielt Violine – bloss, dass ihm das die Soldaten am Checkpoint nicht glaubten. Also hatte der Palästinenser seinen Violinen-Kasten zu öffnen. Und zu spielen, Musik zu spielen vor den Soldaten. Das hat böse Erinnerungen aus schlimmsten Zeiten wach werden lassen. Eine Militäruntersuchung kam dann allerdings zum Schluss, Tayem’s Violinenspiel vor den Soldaten sei rechtens. -- Keine Ahnung, ob sich einer der untersuchenden Militärjuristen und -Kommandanten gefragt hat, ob auch richtig ist was rechtens ist.

 

Israel verfügt über eine ganz andere Sicherheitsmatrix, so nennen sie die Bedrohungslage. Mit der magischen Formel „War on Terror“ wird vieles überdeckt, dass durchaus seine Berechtigung hat, aber eben auf verschiedenste Arten und Weisen angepackt werden kann. Die Fragerei an den Flughäfen (wohl auch Tanz- und Musikeinlagen) diene dazu, die Reaktionen der Einreisewilligen zu prüfen – also je nervöser, desto bombiger die Stimmung, sozusagen. Und dann der Abschreckungs-Effekt – also je mehr Zeit Passagiere in den Sicherheits-Dispositiven verbringen, desto eher denken sie ans Wiederkommen, gell.

 

Eine Logik, die man nicht zwingend verstehen muss.

 

Falls schon: lasst doch den Konsul aus New York einmal, nur einmal , nicht durch den VIP-Eingang einreisen. – Er muss ja nicht gleich tanzen vor Freude.