André Marty berichtet. Nicht mehr
Okay, das war's.
“andre marty berichtet” will, so steht’s geschrieben, „Brücken bauen, Verständnis schaffen, Informieren, Finger drauf halten.“
Nach ein paar journalistisch - bloggenden Nahost- Jahren, gilt’s nun Danke schön zu sagen. Dank an jene, die sich interessiert haben, dran geblieben sind; wer mag sich schon mit einem monothematischen Blog beglücken.
Und gleichzeitig gilt’s, trotz der Freude am journalistischen Bloggen, eine Niederlage einzugestehen. Eigentlich gleich mehrere.
Das als Idee des Blogs definierte “Finger drauf halten” mag wohl ab und an gelungen sein. Sowohl die konstante Leserinnen und – Leserzahl, das spannende Gestalten und Schreiben für den Blog mögen dafür sprechen. Aber Brücken bauen, Verständnis schaffen?
Journalismus und Nahost, dieses Themenpaar taumelt manchmal gefährlich nahe am Abgrund. Was der Blog in den letzten Jahren an schamloser Propaganda, mutwillig – parteiergreifendem Schrieb und Gefilme aufgezeigt hat – wir Journalisten sollten uns nicht bloss schämen, sondern zügigst wieder an unseren Auftrag erinnert werden. Informieren, Interpretieren, Einordnen. Das gilt meines Wissens auch für die Nahost- Korrespondenten deutschsprachiger Medien.
Die nächste Niederlage: Verständnis schaffen und Brücken bauen zwischen der hoch emotionalen Thematik Nahost und uns Westlern, uns Europäern – „andre marty berichtet“: Ciro points!
Was ich damit meine:
Es dauerte ein knappes halbes Jahr, und wir hatten die Kommentare des Blogs zu moderieren. Es war schlicht ein Ding der Unmöglichkeit, diese aufgestauten Emotionen, Verunglimpfungen und Schlimmeres un-moderiert ins Netz zu lassen.
Special thanks gehen in diesem Zusammenhang an Ekki Stegemann, seines Zeichens Professor und Seminarvorsteher an der Universität Basel. Der Herr Professor wünschte mir jüngst auf seiner „Lassen Sie sich versetzen – vielleicht in den Iran oder in die Türkei. Da können Sie für Ihre Seelenlage gute Unterstützung, geradezu Therapie finden und womöglich ein Boot, mit dem Sie Gaza befreien können.“ Sagenhaft, auf welchem Niveau ein Ordinarius der Uni Basel sich bewegt, gell.
Es dauerte ein Jahr, bis der Blog ins Fadenkreuz anderer Blogger geraten ist. Und wenn ich nach sechs Jahren im Nahen Osten das Wort Fadenkreuz benutze, dann tue ich das sehr bewusst. Es gab eine Anti - André Marty - Facebook- Group, es gab Blogs, die vom "Arschloch André Marty" schrieben. Tja.
Es dauerte ein paar Jahre, bis klar wurde: Ein Nahost- Blog kann kaum Brücken bauen und Verständnis schaffen. Die Fronten – Sie hören auch dieses bewusst gewählte Wort – sind verhärtet. Dialog, Toleranz gehören nicht zum im Nahen Osten üblichen Sprachgebrauch. Kommentatoren, die mit dem Finger drauf halten nicht einverstanden waren, zogen sich zurück; es ist halt einfacher und weit bequemer im Chor der Wölfe mitzubrüllen.
Aber hey – es gibt auch good news!
Meine Chefetage, also öffentlich – rechtliches Fernsehen, trat dem privaten Blog anfänglich, na sagen wir mal, zurückhaltend gegenüber. Und heute? Seit kurzem bloggen Auslandskorrespondenten auch auf der Homepage meines Arbeitgebers. Na also, wer will denn da nicht von Lernfähigkeit und so parlieren?
Journalistisches Bloggen soll und kann die Welt nicht verändern. Aber ab und an mal einen kurzen Denk – Einwurf lancieren?
Ab und an die Damen und Herren Politiker, Sie zu Hause vor der Glotze, Sie im Strassenkaffee mit der Zeitung in der Hand, darauf hinweisen, dass Verdrängen keine wirkliche Strategie ist?? Dass Sie der Nahe Osten sehr wohl etwas angeht? Ja, ja, Sie in Deutschland, in der Schweiz oder in Oesterreich. Wer sagt denn, dass bloss die anonyme Kommentatorenschar des Schweizer Clubs Israel die Deutungshoheit rund um die erschreckenden Entwicklungen in der israelischen Gesellschaft haben sollte?
Wegschauen wird nicht funktionieren. Ganz sicher nicht mit Blick auf den Nahen Osten
Und drum berichtete André Marty.
Besten Dank fürs Lesen und Kommentieren- und uf wiederluege. Eventuell geht’s nach einer Pause weiter.
Die Menschenrechts-Organisatio n Huma [...]