Der Scharfschütze hat sie im Visier. Und die abstürzende Friedenstaube kriegt den Titel verpasst:
‚Sag freundlich „Tschüss“ zum Frieden’.
Time Out Tel Aviv hat die Stimmung im Lande auf den Punkt, sprich aufs Titelblatt gebracht. Die Jungs und Mädels des Ausgeh-Magazins befassen sich mit dem israelischen Gaza-Krieg – und das will was heissen, wenn sie sich sogar in der Bubble Tel Aviv auf den Krieg einlassen. Tel Aviv, der coolen Hauptstadt des Verdrängens und Vergessens, Tel Aviv, wo das Sterben, der Tod und der Krieg so weit weg sind.
Itai Waldman sieht das in seiner Kolumne in Time Out Tel Aviv so:
“Du sitzt auf deinem Sofa und schaust fern und siehst die Parade der Politiker, Minister, Generäle und all’ dieser Leute vorbeiziehen, die sie immer aus dem Schrank holen, wenn Krieg ist, denn die haben ein Rangabzeichen auf ihren Schulterepauletten, also müssen sie auch etwas von etwas wissen, alle analysieren das Ereignis, und dann schalten wir zu unserem Korrespondenten in Sderot, der Leute interviewt, wo gerade eben eine Rakete eingeschlagen ist, und du hörst dem allem zu und weigerst dich zu akzeptieren, dass es schon wieder stattfindet. Denn das frustrierendste an einem Krieg ist, dass sie nie nach dir fragen. Du lebst dein alltägliches normales Leben, im Herzen Tel Avivs, versuchst ein guter Staatsbürger zu sein, im Strom zu mitzufliessen von 0 bis 80 Jahren, und willst ein gutes Leben haben, ohne jemanden zu verletzten oder verletzt zu werden. Und alle paar Jahre wachst du eines morgens auf, und sie schmeissen dir einen neuen Krieg an den Kopf. Und du möchtest schreien: ‚Hallo?!’ Könnten wir das ein andermal tun? Denn das geht nun wirklich nicht für mich; ich hatte was anderes vor als Krieg. Zu Leben, zum Beispiel.”
Klops im Bauch nach der Lektüre von Itai Waldman's Editorial? Hallo?! Dann stehen Sie alleine da mit diesem Gefühl, fast alleine. 82 Prozent aller (jüdischen) Israeli - die arabische Bevölkerung Israels wird bei solchen Meinungsbefragungen nicht berücksichtigt - finden den israelischen Krieg gerechtfertigt, inklusive der angewandten militärischen Mittel.
Time Out, Israel, Time Out
Kommentare
Bastian:
Hallo,
danke für Ihre Einträge. Vor zwei Wochen hab ich Ihren Blog entdeckt und lese Ihre interessanten und informativen Beiträge. Habe Ende des Jahres vor, falls sich die Lage entspannt hat, mein Praxissemester in Israel (Jerusalem) zu machen und deshalb bin ich froh hier Informationen zu finden, die mir andere/zusätzliche Sichtweise der Geschehnisse vermitteln.
du solltest dein praxissemester unbedingt antreten und dich von der berichterstattung europaeischer journalisten nicht verrueckt machen lassen. der nachrichtenmarkt ist hart umkaempft und ohne sensation ist es schwer, sich gehoer zu verschaffen. ich lebe in yafo und bin aber auch oft in jerusalem und kann dir versichern, dass dir hier alle sichtweisen auf den konflikt dargeboten werden. schau mal z.b. auf haaretz.com tiefgreifende hausgemachte kritik der rennomiertesten israelischen tageszeitung. lass dich von den zustimmungarten fuer die militaeroperation nicht schocken. hier ist es moeglich fuer den einsatz der idf zu sein und trotzdem aufrichtige trauer fuer die unschuldig zu tode gekommenen zu empfinden. der konflikt hat nicht mit den ersten angriffen der iaf begonnen. er hat eine vorgeschichte, die noch weiter als die raeumung aller juedischen siedlungen im gaza-streifens zurueckgeht. und einen kontext, in dem die eliminatorische gesinnung der hamas einen wichtigen part einnimmt.
'Hey, wir gehen was essen! Kommst du mit?' 'Wo gehts denn hin' 'Na, du weisst schon, im Sueden der Stadt' 'Aha' 'Super Restaurant, wirklich' 'Aha' 'Richtung Gedera' 'Und die Raketen?' 'Raketen, welche Raketen?' 'Von Gaza' 'Aha' 'Ja?' 'Ach, komm, gehen wir!!'
Das Essen war uebrigens hervorragend und Raketen vielen uns auch keine auf den Kopf. Erstaundlich, wie Lustig so ein Abend sein kann, wenn man nur ein wenig verdraengt.
Auch das, ja!! Wie zum Taeufel sollte man sonst seiner Arbeit nachgehen und den Alltag leben, wenn der Sohn des Arbeitskollegen im Gazastreifen kaempft, die Schwiegereltern einer Freundin im Bunker uebernachten und der Bruder des Falaffelverkaeufers beim Raketenbeschuss umkommt. Ja, der Krieg war nah, aber so nah auch wieder nicht. Es bleibt genuegend Abstand um alles zu verdraengen.
Jetzt ist Ruhe. Alle scheinen Muede, Erschoepft und versuchen zu verarbeiten. Es muss gelingen, tut es aber nicht. Verdraengen geht, mit viel Arbeit, Spass und Parties. Weitergehen soll es, wie es schon immer weiterging. Vielleicht bringt die Zukunft einwenig Hoffnung. Wer weiss das schon?
@ Zita
Danke für den Link. Höchst spanndend, was da Ivesa Lübben zusammengetragen hat resp. wie sie die Zusammenhänge aufzeigt.
Wenn die jeweiligen Zitate von X und Y tatsächlich der Meinung oder der Politik der Mehrheit der jeweiligen Gruppierung entspricht (und nicht bloss einer einzelnen Meinung), dann hat diese "Version" der Geschehnisse natürlich eine enorme Brisanz.
Ihre Schlussfolgerungen erscheinen mir insofern plausibel, als dass wir in den letzten Wochen z. B. sehr wenig von Abbas und seiner Regierung gehört haben. Welcher andere (Minister-)Präsident lässt denn derart einen anderen Landesteil behandeln?
Und doch: Wir erhalten immer nur gefilterte Informationen, wissen also nie, was uns vorenthalten wird. Zudem: Wenn man will, findet man immer auch etwas Gutes unter den Taten der "Schlechten". Damit schliesse ich nicht aus, dass die Dämonisierung der Hamas nicht tatsächlich stattgefunden haben könnte. Nur traue ich inzwischen bald keiner Information mehr
Abhilfe schaffen könnte da wohl nur eine Kommission bestehend aus betroffenen und nicht betroffenen Kreisen, welche unzimperlich sämtliche Ereignisse seit 2005 aufarbeitet. Ich habe allerdings wenig Hoffnung, dass es soweit überhaupt kommt (zumindest nicht in den nächsten Wochen oder Monate).
danke für Ihre Einträge. Vor zwei Wochen hab ich Ihren Blog entdeckt und lese Ihre interessanten und informativen Beiträge. Habe Ende des Jahres vor, falls sich die Lage entspannt hat, mein Praxissemester in Israel (Jerusalem) zu machen und deshalb bin ich froh hier Informationen zu finden, die mir andere/zusätzliche Sichtweise der Geschehnisse vermitteln.
Gruß,
Bastian
Donnerstag, 22. Januar 2009 um 03:48 >> antworten
du solltest dein praxissemester unbedingt antreten und dich von der berichterstattung europaeischer journalisten nicht verrueckt machen lassen. der nachrichtenmarkt ist hart umkaempft und ohne sensation ist es schwer, sich gehoer zu verschaffen. ich lebe in yafo und bin aber auch oft in jerusalem und kann dir versichern, dass dir hier alle sichtweisen auf den konflikt dargeboten werden. schau mal z.b. auf haaretz.com tiefgreifende hausgemachte kritik der rennomiertesten israelischen tageszeitung. lass dich von den zustimmungarten fuer die militaeroperation nicht schocken. hier ist es moeglich fuer den einsatz der idf zu sein und trotzdem aufrichtige trauer fuer die unschuldig zu tode gekommenen zu empfinden. der konflikt hat nicht mit den ersten angriffen der iaf begonnen. er hat eine vorgeschichte, die noch weiter als die raeumung aller juedischen siedlungen im gaza-streifens zurueckgeht. und einen kontext, in dem die eliminatorische gesinnung der hamas einen wichtigen part einnimmt.
liebe gruesse aus yafo
Samstag, 24. Januar 2009 um 13:36 >> antworten
Das Essen war uebrigens hervorragend und Raketen vielen uns auch keine auf den Kopf. Erstaundlich, wie Lustig so ein Abend sein kann, wenn man nur ein wenig verdraengt.
Freitag, 23. Januar 2009 um 21:50 >> antworten
Was denn? Das hier?
http://zionismus-israel-raumplanung.blogspot.com/2009/01/gaza-waffenstillstand-hintergrnde.html
Samstag, 24. Januar 2009 um 18:01 >> antworten
Jetzt ist Ruhe. Alle scheinen Muede, Erschoepft und versuchen zu verarbeiten. Es muss gelingen, tut es aber nicht. Verdraengen geht, mit viel Arbeit, Spass und Parties. Weitergehen soll es, wie es schon immer weiterging. Vielleicht bringt die Zukunft einwenig Hoffnung. Wer weiss das schon?
Sonntag, 25. Januar 2009 um 11:06 >> antworten
Wie geht's nun weiter?
Sonntag, 25. Januar 2009 um 01:04 >> antworten
Danke für den Link. Höchst spanndend, was da Ivesa Lübben zusammengetragen hat resp. wie sie die Zusammenhänge aufzeigt.
Wenn die jeweiligen Zitate von X und Y tatsächlich der Meinung oder der Politik der Mehrheit der jeweiligen Gruppierung entspricht (und nicht bloss einer einzelnen Meinung), dann hat diese "Version" der Geschehnisse natürlich eine enorme Brisanz.
Ihre Schlussfolgerungen erscheinen mir insofern plausibel, als dass wir in den letzten Wochen z. B. sehr wenig von Abbas und seiner Regierung gehört haben. Welcher andere (Minister-)Präsident lässt denn derart einen anderen Landesteil behandeln?
Und doch: Wir erhalten immer nur gefilterte Informationen, wissen also nie, was uns vorenthalten wird. Zudem: Wenn man will, findet man immer auch etwas Gutes unter den Taten der "Schlechten". Damit schliesse ich nicht aus, dass die Dämonisierung der Hamas nicht tatsächlich stattgefunden haben könnte. Nur traue ich inzwischen bald keiner Information mehr
Abhilfe schaffen könnte da wohl nur eine Kommission bestehend aus betroffenen und nicht betroffenen Kreisen, welche unzimperlich sämtliche Ereignisse seit 2005 aufarbeitet. Ich habe allerdings wenig Hoffnung, dass es soweit überhaupt kommt (zumindest nicht in den nächsten Wochen oder Monate).
Dienstag, 27. Januar 2009 um 00:55 >> antworten