Manchmal, da staunst du bei der Zeitungslektüre. Nein, nicht ob der sich überbietenden Hetze, den schier endlosen Elogen auf „die Sache“, nein, nicht ob Wortkriegern ohne jeglichen Anstand und Sachverstand. Du staunst ob Sätzen wie diesem:
„Ist nur die israelische Sicht “die Wahrheit“ und alle anderen falsch?“
Dieser Satz mag für Sie im weit entfernten Europa wenig spektakulär tönen; aber solch' ein Satz in Israel, und dann auch noch aus der Feder von Miri Eisin, zu lesen – ja hoppla!
Miri Eisin war eine der ganz lauten Schreihälse, bezahlt, um Propaganda für Israel zu betreiben. Die einstige Sprecherin des immer noch amtierenden israelischen Premiers Ehud Olmert hatte während des Libanon-Krieges vom Sommer 2006 zu erklären, was selten gelang: Hunderte zivile Opfer in einem Krieg, der eigentlich der Hesbollah-Miliz gegolten habe – die Parallelen mit dem jüngsten Gaza-Krieg, der eigentlich nur der Hamas... na ja, Sie wissen schon.
Eisin hat keine gute Falle gemacht, sie bekam selbst von CNN Prügel. Und die Welt sah zu, wie die einzige wirklich zupackende sie vorführte. Nicht, dass Eisin Ihnen Leid zu tun bräuchte: die einstige Geheimdienstlerin war damals bereits 20 Jahre im Drecksgeschäft der militärischen Propaganda – „information warfare“ nennt sich das - beschäftigt gewesen. Wahrheit spielt dabei eine zweitrangige Rolle, solange Mann oder Frau bloss seine Kriegs-Botschaft anbringen kann.
Und nun hat Miri Eisin wieder zugeschlagen – und wie.
„Die israelische Sicht fokussiert auf uns, unseren Krieg, unser Leiden, die Familien und Reserve-Soldaten, die Heimat-Front und unsere Entscheidfindung. Die andere Seite wird nur am Rande als ein Nebenaspekt gezeigt.“ Die westlichen Medien dagegen würden die Dinge aufgrund eines anderen kulturellen Kontexts darstellen – wie wahr, Miri Eisin, wie wahr: „Deren Sichtweise ist es, dass die Zeit der Kriege vorbei, militärische Stärke ist nicht der Weg ist, um Konflikte zu lösen und es gibt einen direkten Bezug zwischen Besatzung und Gewalt.“ Wie wahr, Miri Eisin, wie wahr.
Und dann schreibt sie: "Israels nationale Stärke würde nicht beeinträchtigt, wenn wir lernen würden, die Realität als etwas Komplexeres zu betrachten. Wenn wir wüssten - ohne auf unsere Wahrheit zu verzichten - uns für die existierende andere Sichtweise zu öffnen.“
Einsicht, Lerneffekt?
Egal.
Miri Eisin, I’mdeeply impressed.
Kommentare
André Marty:
Werte Kommentatorinnen und Kommentatoren,
und noch einmal sei an die Spielregeln des Blogs erinnert: funktionierende e-mail-adresse und Namen gehören ebenso dazu wie ich keine allgemeinen ideologischen Abhandlungen publiziere. -- Wer's unter falschem Namen versucht, macht's nicht wirklich besser; okay?
André Marty
@Fäbu:
Blogger werden die Welt kaum verändern, eben so wenig wie das Aufgabe eines Journalisten sein dürfte - aber die eine oder den anderen zum Nach-Denken einladen, dass denn schon.
In Israel lag die Zustimmung zum Gaza-Krieg laut Meinungsumfragen auch zum Schluss noch bei satten 80%, Demonstranten gegen den Krieg wurden zu Dutzenden verhaftet; "andere" Stimmen haben es in Israel in der Tat sehr schwer, Gehör zu finden und nicht als Nestbeschmutzer marginalisiert zu werden. Die einstige Friedensbewegung ist ein Schatten ihrer selbst, die israelische Gesellschaft wandert strammen Schrittes weit nach rechts der politischen Mitte, wie die anstehenden Parlamentswahlen zeigen dürften.
Was bleibt: Politischer Druck von Aussen, ohne den die beiden Kriegsparteien sich nicht an den Verhandlunstisch setzen werden - falls es denn überhaupt noch etwas zu verhandeln geben sollte.
und noch einmal sei an die Spielregeln des Blogs erinnert: funktionierende e-mail-adresse und Namen gehören ebenso dazu wie ich keine allgemeinen ideologischen Abhandlungen publiziere. -- Wer's unter falschem Namen versucht, macht's nicht wirklich besser; okay?
André Marty
Samstag, 31. Januar 2009 um 13:53 >> antworten
Schade nur, dass sich die hier kundgetane Kritik mit der Zeit in der Virtualität des Netz‘ verflüchtigen wird.
Ebenso die Wirkungslosigkeit, da lediglich Gleichgesinnte eine, ohnehin bereits vorhandene, Bestätigung finden.
Doch welche, von Israel akzeptierte Autorität, könnte Kritik äussern? Ein Umdenken forcieren? Oder zumindest die Entwicklung dazu initiieren?
Die Fragen sind keineswegs rhetorischer Natur.
Gibt es keine moderaten, eher pazifistisch veranlagten, Kräfte in Israel, mit welchen ein konstruktiver Dialog möglich wäre?
Ich bin sicher Du hast das auch schon durchdacht?!
Montag, 2. Februar 2009 um 12:14 >> antworten
Blogger werden die Welt kaum verändern, eben so wenig wie das Aufgabe eines Journalisten sein dürfte - aber die eine oder den anderen zum Nach-Denken einladen, dass denn schon.
In Israel lag die Zustimmung zum Gaza-Krieg laut Meinungsumfragen auch zum Schluss noch bei satten 80%, Demonstranten gegen den Krieg wurden zu Dutzenden verhaftet; "andere" Stimmen haben es in Israel in der Tat sehr schwer, Gehör zu finden und nicht als Nestbeschmutzer marginalisiert zu werden. Die einstige Friedensbewegung ist ein Schatten ihrer selbst, die israelische Gesellschaft wandert strammen Schrittes weit nach rechts der politischen Mitte, wie die anstehenden Parlamentswahlen zeigen dürften.
Was bleibt: Politischer Druck von Aussen, ohne den die beiden Kriegsparteien sich nicht an den Verhandlunstisch setzen werden - falls es denn überhaupt noch etwas zu verhandeln geben sollte.
Montag, 2. Februar 2009 um 12:24 >> antworten
Die Befürchtung hegen auch andere:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29659/1.html
Mittwoch, 4. Februar 2009 um 08:09 >> antworten