Flotte Werbung in eigener Sache der Kollegen von der BBC - never stop asking, heisst's da. You can't suppress a powerful question. Wohl wahr, eigentlich.
Was aber, wenn die Fragen nicht mehr gestellt werden, nicht mehr gefragt werden will, nicht mehr gefragt werden soll, oder nicht mehr gefragt werden kann?
Und so wollen wir doch künftig an dieser Stelle die eine oder andere kurze Frage in die Runde werfen.
Heute wollt' ich fragen:
Israels Premier Bibi Netanyahu erklärte anlässlich des sogenannten "Jerusalem Tages", also jenem Tag, an dem die israelische Armee 1967 Ost- Jerusalem eroberte und später völkerrechtswidrig annektierte, Jerusalem respektive der hebräische Namen Zion sei 850 Mal im alten Testament zu finden. Vor einer parlamentarischen Kommission fragte der Premier: "Ich empfehle zu überprüfen, wieviele Male Jerusalem in den heiligen Schriften anderer Religionen zu finden ist." Meine Frage: Will jemand, der solche pseudo- religiösen Argumentationen in die Politik einfliessen lässt, auf ein Nebeneinander oder gar ein Miteinander im Nahen Osten hinarbeiten?
Kommentare
Martin:
Will er natürlich nicht! Allerdings ist er sich offensichtlich bewusst, dass seine Argumente schwach und sein Verhalten verwerflich ist, wenn er auf irgendwelche Aussagen im Alten Testament angewiesen ist. Aber er weiss, dass die Menschen sich in Krisenzeiten gerne an althergebrachte Regeln halten, und die gibt's in religiösen Schriften ja genug. Mein Tipp an die Israelis: Traut keinem, der das Alte Testament zitiert! Denn er führt Euch in die Wüste.
Ach Bibi ist und bleibt stockkonservativ und weiss Nationalreligiöse und bibeltreue Christen bei Stange zu halten.
Leider verbinden viele Israelis mit der Linken schlechte Assoziationen; Für die Sepharden bedeutet die Rechte paradoxerweise Gleichberechtigung und viele Russen wünschen sich eine starke Hand à la Putin, wie sie Lieberman verköpert. Das Dilemma vervollständigen die Religiösen, unter denen sich viele einen jüdischen Gottesstaat wünschen. So rein jüdisch, dass es eigentlich kein bisschen der jüdischen Tradition entspricht. Herrlich, diese Widersprüche!
Die Argumentation geht aber, vermute ich mal, nach hinten los, denn zusätzlich zum AT haben zumindest die Christen noch das NT, in dem Jerusalem bestimmt noch einige weitere Male auftaucht.
Diese Frage habe ich mir auch gestellt. Bei diesen Annäherungsgesprächen werde ich irgendwie den Verdacht nicht los, dass die eine Seite, vielleicht sogar beide Seiten, nicht wirklich an einer Lösung interessiert sind.
Andere Frage an den Nahostkorrespondent:
Wie schätzen Sie eigentlich die Lage zwischen Israel und dem Libanon ein? In Schweizer Medien hat man ja relativ wenig davon gehört, aber es scheint doch dort auch relativ fest zu brodeln?
:
In der Tat gehen die Emotionen sehr hoch, hüben wie drüben - und die Kriegstrommler- Rhetorik ist nüchternerweise betrachtet in der Regel ein Indiz dafür, dass das Publikum auf künftige "Ereignisse" eingestimmt werden sollen.
Will man der israelischen Seite Glauben schenken, dann versucht der Iran einen Stellvertreter- Krieg anzuzetteln, sei's in Süd-Libanon / Syrien, sei's aus dem Gaza - Streifen; Hintergrund ist der israelische Druck auf das iranische Atomprogramm, dem der Iran politisch / diplomatisch ja bekanntlich kaum etwas entgegen zu halten hat. Die Frage ist also, ob und wann sich die nicht allzu stabile israelische Regierung für einen "Befreiungsschlag" entscheidet, sprich von den Sticheleien so sehr provoziert fühlt, dass selbst amerikanischer Gegendruck nicht mehr genügt -- mit Sicherheit eine äusserst volatile Situation, die jederzeit explodieren kann. Es sei denn, er kehrt so etwas wie langfristiges Denken, visionäres Planen genannt, ein...
Der Hinweis von Netanyahu bezieht sich auf die Bedeutung Jerusalems für das jüdische Volk und die Versuche nationalistischer palästinensischer Kreise während der letzten Jahre, die Bededeutung Jerusalems für den Islam zu überhöhen und damit die eigenen nationalen Interessen zu stärken. Etwas, worüber Sie eigentlich auch mal kritisch berichten könnten.
Frage an Sie: Sprechen Sie Hebräisch oder/und Arabisch? Würde mich sehr interessieren.
Daniel:
Tja, die Frage kommt immer wieder mal, vor allem dann, wenn der Inhalt des Posts nicht allzu viel Freude bereitet. Drum auch für Sie: Mit meinen Sprachkenntnissen hatte ich in den letzten sechs Jahren im Nahen Osten keine Probleme -- aber ich lerne natürlich gerne dazu, jeden Tag aufs Neue; zum Beispiel Worte wie Toleranz, Dialog und so. Wobei: Worte haben wir eigentlich genug gehört - Taten sind gefragt, Taten
Die Frage was Netan Yahu an Nebeneinander bezweckt ist irrelevant. Das alte Testament ist vorrangig bekannt durch die Bibel; israelische Politiker haben dementsprechend keine Deutungshoheit die nach wie vor beim Vatikan liegt. Das der Begriff auf den er sich beruft 850 mal in jener Schrift vorkommt, wird kein Zufall sein, hat aber sicher nichts damit zu tun, dass Herr Ny dummerweise die christliche Religion bemüht und damit unklar bleibt was er jetzt eigentlich mit anderen Religionen meint.
Habe selten so etwas Tragischkomisches gelesen.
Sie wissen doch hoffentlich, dass die christliche Bibel aus dem hebräischen Alten Testament und aus dem griechischen Neuen Testament besteht. Netanjahu hat sich auf das Alte Testament bezogen. Ich hoffe Sie können mir folgen.
Natürlich kann ich das und hoffe nicht der einzige zu sein. Netan Yahu suggeriert das Recht zu bedingungslosem Gehorsam christlicher Kulturkreise zu haben, in Folge einer Schrift die mit seinem irgendwie eine Schnittmenge darstellt. Inwiefern er von Religion reden sollte, oder dies darf, nachdem den Grundkonsens aller aufkündigend, well! Der hat das Ding doch gar nicht gelesen; das ist nicht dasselbe wie Wörter zählen.
Das würde ich bei all meiner Abneigung gegenüber Netanyahus Politik nicht behaupten. Sein Onkel Ben-Zion ist ein berühmter Historiker jüdischer Geschichte und sein Sohn der Gewinner des israelischen Bibelquiz.
Die entscheidende Frage ist, wie Netanyahu die Bibel liest, nicht ob er sie liest.
Donnerstag, 13. Mai 2010 um 18:02 >> antworten
Leider verbinden viele Israelis mit der Linken schlechte Assoziationen; Für die Sepharden bedeutet die Rechte paradoxerweise Gleichberechtigung und viele Russen wünschen sich eine starke Hand à la Putin, wie sie Lieberman verköpert. Das Dilemma vervollständigen die Religiösen, unter denen sich viele einen jüdischen Gottesstaat wünschen. So rein jüdisch, dass es eigentlich kein bisschen der jüdischen Tradition entspricht. Herrlich, diese Widersprüche!
Freitag, 14. Mai 2010 um 01:32 >> antworten
Die Argumentation geht aber, vermute ich mal, nach hinten los, denn zusätzlich zum AT haben zumindest die Christen noch das NT, in dem Jerusalem bestimmt noch einige weitere Male auftaucht.
Freitag, 14. Mai 2010 um 15:29 >> antworten
Andere Frage an den Nahostkorrespondent:
Wie schätzen Sie eigentlich die Lage zwischen Israel und dem Libanon ein? In Schweizer Medien hat man ja relativ wenig davon gehört, aber es scheint doch dort auch relativ fest zu brodeln?
Samstag, 15. Mai 2010 um 07:16 >> antworten
In der Tat gehen die Emotionen sehr hoch, hüben wie drüben - und die Kriegstrommler- Rhetorik ist nüchternerweise betrachtet in der Regel ein Indiz dafür, dass das Publikum auf künftige "Ereignisse" eingestimmt werden sollen.
Will man der israelischen Seite Glauben schenken, dann versucht der Iran einen Stellvertreter- Krieg anzuzetteln, sei's in Süd-Libanon / Syrien, sei's aus dem Gaza - Streifen; Hintergrund ist der israelische Druck auf das iranische Atomprogramm, dem der Iran politisch / diplomatisch ja bekanntlich kaum etwas entgegen zu halten hat. Die Frage ist also, ob und wann sich die nicht allzu stabile israelische Regierung für einen "Befreiungsschlag" entscheidet, sprich von den Sticheleien so sehr provoziert fühlt, dass selbst amerikanischer Gegendruck nicht mehr genügt -- mit Sicherheit eine äusserst volatile Situation, die jederzeit explodieren kann. Es sei denn, er kehrt so etwas wie langfristiges Denken, visionäres Planen genannt, ein...
Sonntag, 16. Mai 2010 um 19:35 >> antworten
Der Hinweis von Netanyahu bezieht sich auf die Bedeutung Jerusalems für das jüdische Volk und die Versuche nationalistischer palästinensischer Kreise während der letzten Jahre, die Bededeutung Jerusalems für den Islam zu überhöhen und damit die eigenen nationalen Interessen zu stärken. Etwas, worüber Sie eigentlich auch mal kritisch berichten könnten.
Frage an Sie: Sprechen Sie Hebräisch oder/und Arabisch? Würde mich sehr interessieren.
Samstag, 15. Mai 2010 um 12:15 >> antworten
Tja, die Frage kommt immer wieder mal, vor allem dann, wenn der Inhalt des Posts nicht allzu viel Freude bereitet. Drum auch für Sie: Mit meinen Sprachkenntnissen hatte ich in den letzten sechs Jahren im Nahen Osten keine Probleme -- aber ich lerne natürlich gerne dazu, jeden Tag aufs Neue; zum Beispiel Worte wie Toleranz, Dialog und so. Wobei: Worte haben wir eigentlich genug gehört - Taten sind gefragt, Taten
Sonntag, 16. Mai 2010 um 19:27 >> antworten
Worauf will er hinaus?
Montag, 17. Mai 2010 um 12:29 >> antworten
Habe selten so etwas Tragischkomisches gelesen.
Sie wissen doch hoffentlich, dass die christliche Bibel aus dem hebräischen Alten Testament und aus dem griechischen Neuen Testament besteht. Netanjahu hat sich auf das Alte Testament bezogen. Ich hoffe Sie können mir folgen.
Dienstag, 18. Mai 2010 um 00:22 >> antworten
Natürlich kann ich das und hoffe nicht der einzige zu sein. Netan Yahu suggeriert das Recht zu bedingungslosem Gehorsam christlicher Kulturkreise zu haben, in Folge einer Schrift die mit seinem irgendwie eine Schnittmenge darstellt. Inwiefern er von Religion reden sollte, oder dies darf, nachdem den Grundkonsens aller aufkündigend, well! Der hat das Ding doch gar nicht gelesen; das ist nicht dasselbe wie Wörter zählen.
Dienstag, 18. Mai 2010 um 13:21 >> antworten
Die entscheidende Frage ist, wie Netanyahu die Bibel liest, nicht ob er sie liest.
Mittwoch, 19. Mai 2010 um 11:11 >> antworten