Shai ist mein Nachbar. Shai ist einer der erfolgreichsten TV- Produzenten Israels, Shai ist verheiratet mit einer der kompetentesten israelischen Ancor- Women. Und Shai sagt:
“Unsere Spezial- Einheiten sind die besten auf der Welt. Die haben das hervorragend gehandlet. Unser Problem ist unsere Arroganz.“ Shai erzählt vom neuen Sprecher der Israelischen Armee, der sich damit brüstet, aufgrund seiner Kommentare zum Gaza- Flotilla – Drama jetzt auf Leibwächter angewiesen zu sein. Shai meint, die totale Nachrichtenblockade hätte ein besseres Media- handling der Sache ermöglicht. Shai findet, die Geheimdienste hätten zwar gewusst, wer und was auf den Schiffen gewesen sei, seien aber zu selbstgefällig davon ausgegangen, dass wir das im Griff hätten.
Und Shai sagt auch, dass letztendlich niemand ausserhalb Israels die Israeli verstehe, verstehen könne, sondern dass es immer "um uns Juden" gehe.
Shai bezeichnet sich als Liberalen.
Also.
Shai ist ein typischer Israeli, repräsentiert mit dieser Aussage ziemlich genau das, was sich als die israelische Sicht der Dinge, als das israelische Empfinden bezeichnen lässt.
So kommt es, dass selbst so herausragende Journalisten wie der hochgeschätzte Yair Lapid das Debakel um die Gaza- Flottilla einzig als ein PR- Problem sehen. Nun gibt es keinen einzigen Grund, weshalb destruktiv- paranoide Personen wie Danny Seaman nicht längst dorthin geschickt worden sind, wo sie hin gehören. Aber PRopaganda als das israelische Grundproblem?
Und diese Idee spricht auch eher Bände über das Demokratie- Journalismus- Verständnis des Verfassers. Al Jazeera rauswerfen - und alles wird gut?
Reflexion ist etwas anderes.
Zum Beispiel das hier
Allenfalls das hier
Und das hier
Vielleicht gar das hier
Oder zumindest sowas
Nüchtern betrachtet, würde ich noch einen Schritt weiter gehen. Gewiss, Isolation als Strategie mag der Regierung Netanyahu eine etwas längere Amtszeit garantieren. Aber wäre es nicht von schon fast existentieller Notwendigkeit, endlich aus dem selbstgefälligen Dornröschenschlaf der Selbstgerechten aufzuwachen? Wäre es nicht bitter nötig, sich aus der geistigen Bunker- Mentalität zu lösen und zu akzeptieren, dass Israel Teil des Nahen Ostens ist – hier, in dieser Realität müssen sich Land und Leute einfügen, nicht im Westen.
Nachdenken über das eigene Tun und Lassen - es ist bitterst nötig. Vor allem nützt es mehr, als bloss mit dem Finger auf die ignoranten Anderen zu zeigen. Wenn denn schon nicht gehandelt wird.
Kommentare
Claire Schnyder:
Interessante Links - Danke. In den USA hat Peter Beinart auf DAILY BEAST klare Worte gefunden, u.a. http://www.thedailybeast.com/blogs-and-stories/2010-06-01/israel-flotilla-disaster-gaza-embargo-us-supporters-to-blame/.
Ich bevorzuge da eher die klaren Worte des Pulitzerpreisträgers Charles Krauthammer aus der Washington Post vom 4. Juni.
http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2010/06/03/AR2010060304287.html
Da dieser aber einen diametral anderen Standpunkt zu den Ereignissen einnimmt und neutrale Berichterstattung über das gesamte Meinungsspektrum hinweg so gar nicht die Sache des hauptberuflichen Journalisten und Freizeitbloggers Marty zu seien scheint, wird wohl auch dieser Kommentar nicht das Licht der Welt erblicken. Zumindest nicht auf diesem Blog.
Aber wenigstens weiss ich jetzt, dass sie einen Nachbarn namens Shai haben. Das ist doch auch schon mal was.
Montag, 7. Juni 2010 um 01:48 >> antworten
http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2010/06/03/AR2010060304287.html
Da dieser aber einen diametral anderen Standpunkt zu den Ereignissen einnimmt und neutrale Berichterstattung über das gesamte Meinungsspektrum hinweg so gar nicht die Sache des hauptberuflichen Journalisten und Freizeitbloggers Marty zu seien scheint, wird wohl auch dieser Kommentar nicht das Licht der Welt erblicken. Zumindest nicht auf diesem Blog.
Aber wenigstens weiss ich jetzt, dass sie einen Nachbarn namens Shai haben. Das ist doch auch schon mal was.
Dienstag, 8. Juni 2010 um 01:25 >> antworten
http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2010/06/04/AR2010060404981.html?hpid=topnews
http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2010/06/04/AR2010060404016.html
Dienstag, 8. Juni 2010 um 07:16 >> antworten
Schon alleine das dürfte die Regierung dazu zwingen, über ihr Vorgehen nachzudenken, auch wenn sie es nicht wollen...
Zudem glaube ich nicht, dass das Ganze auch an der heutigen Regierung nicht völlig spurlos vorüber geht...
Dienstag, 8. Juni 2010 um 02:53 >> antworten