Er rollt an, der Stosstrupp der Verrohung. Der politischen Verrohung.

 

Diese Woche werden sie nun also voraussichtlich vereidigt: Die Regierung von Benyamin Netanyahu und seinem Aussenminister Avigdor Liebermann. Jüngst gab sich der rising star der Rechten rhetorisch etwas gemässigter, was niemanden ausser einigen westlichen Diplomaten, um Etikette bemüht, beruhigen mag.

 

Wer einmal von „Transfer“ redet, den behält man tunlichst im Aug‘. Auch als Aussenminister.

 

Und wir wollen auch diese Aussage nicht vergessen: Als Verkehrsminister forderte Liebermann 2003, palästinensische Gefangene sollten im toten Meer ertränkt werden – Minister Liebermann wollte die Busse für den Transport zur Verfügung stellen.

 

An der rechten Flanke – bedeutend weiter draussen politisierend als Avigdor Liebermann gibt’s tatsächlich noch politischen Spielraum - , nehmen dann auch noch die Jungs von der National Union Platz. Parteien wie Liebermann's Beitenu Ysrael und die National Uniion, welche die von den etablierten Parteien und Politikern bitterst enttäuschten Israeli anziehen wie auch andernorts die Flöttler der simplen Konzepte rechts aussen auftrumpfen.

 

 

Erinnern Sie sich an die rechtsradikale Randale vor zwei Wochen in der israelisch-arabischen Stadt Umm el -Fahm: 2 500 Polizisten können nicht verhindern, dass rund 100 radikale jüdische Provokateure am Stadtrand fahnenschwingend den Rauswurf der arabischen Israeli aus dem gelobten Land fordern. Steine fliegen, Araber und Israel liefern sich Strassenschlachten - ein bewusst geschürter Konflikt um Macht und Posten. Ein gefährliches Spiel mit dem Feuer.

 

Einer der Leader dieses Marsches der politischen Hooligans Israels war Baruch Marzel. Marzel führte die anti-arabische Kach-Partei an, bis sie 1994 in Israel verboten wurde. Die Kach-Nachfolge-Organisation Kach Chai wird nach wie vor als Terrororganisation gelistet - !

  

Sollten Sie nächstens mal in der Knesset, dem israelischen Parlament, vorbeischauen, dann seien Sie nicht erstaunt, wenn Sie ebendiesem Baruch Marzel im Parlament begegnen: Marzel amtet als Berater eines Parlamentariers der National Union.

 

Die Rechte Welle ist nicht am kommen. Sie ist längst da.

 

 

 

 

 

 

Es sind diese Einspalten-Meldungen auf den hinteren Zeitungs-Seiten:

 

       -  7jähriges Mädchen von Auto erfasst und getötet, als es aus dem Schulbus steigt

       -  6jähriges Mädchen in einem Tunnel im Süden Tel Avivs von einem Auto überfahren

 

In Israel sterben so viele Fussgänger wie nirgends sonst in der entwickelten Welt: 36 Prozent aller Strassenverkehs-Toten sind Fussgänger. 156 tote Fussgänger. 17 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit ist Israel trauriger Spitzenreiter, weit vor Irland (26%), Portugal (25%) und Grossbritannien (23%) oder etwa den USA (11%). Übrigens: Jährlich sterben weltweit auf der Strasse über 1.2 Millionen Menschen, also 3 000 am Tag, sagt die Weltgesundheitsbehörde WHO. Die Strasse, der Killer, ist die Haupttodesursache bei Menschen im Alter von 10 bis 24 Jahren. Die Strasse tötet mehr als Kriege, Terrorismus oder Genozide.

 

Beide schuld, Fussgänger und Autofahrer, heisst's bei der israelischen National Road Safety Authority (NRSA). 

 

40 Prozent aller Fussgänger in Israel schauen weder nach rechts noch nach links, bevor sie über die Strasse laufen. Das sagt eine NRSA-Studio. Am Zebrastreifen halten 39 Prozent der älteren Fussgänger gar nicht erst an, sondern laufen munter auf die Strasse. Respektive in den Tot.  

 

Die israelische Verkehrspolizei wüsste, was zu tun wäre: Zone 30 in Wohngebieten, Strassenpuffer, die zum Abbremsen zwingen. Aber getan wird’s nicht.

 

Der Blick in den Westen zeigt, was das bedeutet: Mit 58 Toten kamen letztes Jahr in der Schweiz 27 Prozent weniger Fussgänger ums Leben, verglichen mit dem Vorjahr. Die Gesamtzahl der Verkehrstoten nahm deutlich ab.

 

Die (bfu) führt den Rückgang bei den Verkehrstoten auf Verbesserungen bei der Strasseninfrastruktur wie beispielsweise die Schaffung von Tempo-30-Zonen sowie auf Verbesserungen bei der Fahrzeugtechnik wie Fahrassistenzsysteme zurück. Zudem sei die subjektive Kontrollerwartung dank mehr Geschwindigkeitskontrollen der Polizei und auch mittels gut sichtbarer Radaranlagen gestiegen. Alkoholunfälle seien auf dem nach der Einführung der 0,5-Promille-Grenze auf Anfang 2005 erreichten tieferen Niveau geblieben, sagen die Schweizer Unfallverhüter.

 

Vielleicht könnten andere Länder was davon übernehmen. Es stirbt sich dann etwas weniger.

 

 

 

Bald ist wieder Reisezeit, denn Pessach (das jüdische Gedenk-Fest an den Auszug aus der ägyptischen Sklaverei) und das christliche Osterfest stehen an. Zeit also, Flüge zu buchen.

 

Ultra-orthodoxe jüdische Reisefreudige kriegen denn auch rechtzeitig zu den Feier- und Ferientagen eine Reiseempfehlung: Fliegt nicht El Al!

 

Ein veritabler Boykottaufruf also gegen die israelische Fluggesellschaft. Das rabbinische Komitee für Transportfragen fordert seine Klientel auf, nur mit Airlines zu fliegen, die filmfreie Flüge oder zumindest film-freie Zonen in ihren Flugzeugen anbieten. Filme sind das Problem; na Sie wissen schon, Pratt Pitt, Angelina Jolie und so. Egal, ob Sie als Flugpassagier individuell den Bildschirm abstellen können oder nicht. Egal, ob Sie die Film-Auswahl haben oder nicht.

 

Das Transport-Komitee publizierte zudem eine Liste jener Airlines, in denen die Crew sich gesittet kleidet. Dieselben Airlines, so Rabbiner Yitzhak Goldknopf, zeigten im Unterschied zu El Al nur Filme mit Wasser und Landschaftsbildern, und keine schmutzigen Filme.

 

 

 

Weiterbildung. Schadet nie; allenfalls dem eigenen Budget.

 

So treffen sich in Amman rund 30 Mannen und Frauen vom Feld, vom Kriegsfeld – und ein Journalist. Thema: Besatzungs-Recht, islamisches Recht, Training von Rechten und Pflichten im humanitären Völkerrecht. 30 Profis, seit Jahren täglich mitten in Konflikten, vom Recht und vom Richtigen nicht selten ziemlich verlassen. Lonely wolves.

 

Da sitzt der Head of Delegation von Médecins sans frontières (MSF), zuständig für den Irak, neben dem kanadischen Militär-Anwalt, zuständig für kanadische Truppen in Afghanistan. Einer segnet den Schiessbefehl ab, der andere versucht die Opfer zu pflegen. Sie debattieren, sind sich inhaltlich selten einig – aber sie respektieren die Position des anderen.

 

Da erzählt eine von ihrer Entführung im Sudan, während der andere fragt: „Wenn der zivile Fahrer eines zivilen Versorgungsfahrzeugs der ISAF-Truppen in Afghanistan erschossen wird: gilt dieser Mann als ziviles Opfer?“

 

Nein, kein einziger dieser Front-Leute hat die Bodenhaftung verloren. Obwohl seit Jahren dort, wo gestorben, gelitten, manchmal gerettet, geholfen wird. Mitten drin. Profis der Kriege und Konflikte.

 

Da fragt einer nach rechtlichen Argumentations-Möglichkeiten, wenn die israelische Armee ein paar Tonnen Makkaroni als „sicherheitsgefährdend“ bezeichnet, und die Lebensmittel somit nicht in den Gaza-Streifen gekarrt werden dürfen.  „You know, at a Checkpoint every soldier is a Judge.“

 

Da stellt sich die Frage, was es bedeutet, wenn die israelische Armee immer mehr Checkpoints privatisiert.

 

Da haben wir im Rollenspiel den Militärkommander zu mimen, der den Schiessbefehl an seine Truppen zu erteilen hat, oder eben nicht. Und praktisch alle scheitern wir kläglich: Wir hätten ein Spital bombardiert, ein paar Brücken gesprengt. So haben wir – im Rollenspiel – gelernt, wie heikel das Abwägen von Recht und Unrecht sein kann, wie schnell das humanitäre Völkerrecht ausgehebelt werden kann.

 

Wir haben versucht, in Verhandlungen mit islamistisch motivierten Freiheitskämpfern einen gekidnappten Kollegen frei zu handeln – die Geisel hätten wir gekriegt, aber unser Headquarter legte sich aus „politischen Gründen“ quer; so spannend das Rollenspiel, so ernüchternd die Realität.

 

Gelehrt und gelernt wird, dass im Irak eben so viele Private Military Contractors (PMC’s) wie Soldaten im Einsatz stehen – mindestens 100 000 private Miet-Soldaten. Söldner, im Auftrag des US-Verteidigungsministeriums. Söldner, deren rechtlicher Status alles andere als einfach zu klären ist.  

 

Abends im Hotel fragt der Receptionist: „Sir, you Blackwater?“ Kein Kompliment, nein. Aber das Hotel ist voll von diesen kurzhaarschnitt-tattoo-breitschultrig-muskulösen Ken’s und John‘s aus Südafrika, Amerika und Grossbritannien; PMC’s auf Erholungsurlaub - während wir die rechtlichen Schwierigkeiten ihrer Einsätze besprechen.

 

Eine Woche vom Recht und Unrecht – und von der Einsicht, dass diese Welt möglichst viele dieser Völkerrechts-Profis des Sterbens und Helfens braucht.  

 

 

 

Vorstellen kann sich das niemand. In irgend einem Loch hocken, wohl kein Licht sehen, angekettet in einem verminten Raum, lausiges Essen, hoffentlich abgekochtes Wasser, von denselben Entführern mal mehr, mal weniger freundlich „behandelt“ werden. Vielleicht. Vielleicht nicht einmal das.

 

Gilad Shalit ist seit Juni 2006 Teil des israelischen Kollektiv-Bewusstseins geworden. Gilad Shalit, der mittlerweile 22jährige Soldat mit dem Harry - Potter – Blick, lächelt von Stickern auf unzähligen Autos, schaut dich von zehntausenden Fahnen und Fähnli im ganzen Land an. Gilad Shalit wurde zum Problem für die Militärs, die jungen Rekruten zu erklären haben, weshalb die Politik den Gekidnappten nicht endlich zurück nach Hause bringt. Gilad Shalit wurde zum Masstab für das Versagen von Premier Olmert, der ein paar Tage vor seinem endgültigen Verschwinden in den Mühlen der Justiz damit begann, sich aus politischen Gründen um die Freilassung des entführten israelischen Soldaten zu kümmern. Gilad Shalit lässt in Israel nur sehr wenige unberührt. 

 

Gilad Shalit – heute vor 1 000 Tagen wurde er in den Gaza-Streifen entführt.

 

Gilad, keep going.

 

 

„Hi, is this André?“, fragt eine leicht aufgedrehte Stimme. „Yes, it’s me“. „Oh, the Blogger!“ -- Oh, oh.

 

Der Anruf kommt aus Washington DC.

 

Am Draht ist Laura Kam. Laura ist für die Europa-Angelegenheiten des Israel Project zuständig. Eine Lobby-Organisation, die der Welt, insbesondere aber Nahost-Journalisten, ihre Sicht der israelischen Dinge andient.

 

Geneigte Blog-Leserinnen und –Leser erinnern sich denn auch an eine überaus nette Begegnung Anfang Jahr:

 

                             „You must feel isolated in your position defending terrorism."     

                             „You are a sad case of self- delusion.“

 

So polterte der Mediensprecher des Israel Project während des israelischen Gaza-Krieges in einer Mail. Vielleicht etwas überreagiert, Herr Lobbyist?

 

Scheint so. Denn Laura am Telephon ruft aus den USA an – um sich zu entschuldigen. „We wana‘ apologise. This is definitely not our policy.“ Ja hallo? Der Mann, der sich so geäussert habe, sei ein Freiwilliger, der unautorisiert „such things“ geschrieben habe. Ja hallo!

 

Wir wollen jetzt nicht allzu sehr darauf herumreiten, dass es sich beim "Freiwilligen" um einen Rechtsanwalt handelt, der in einer Medienmitteilung der Lobby-Organisation als Senior Adviser und Sprecher freudig präsentiert wurde. Sieben Tage danach hat er dann zugeschlagen mit seiner Mail.

 

Das mit dem Anruf, das hat nun wirklich Stil, Laura. Sich bei einem Blogger entschuldigen.

 

Okay, hat zwei Monate gedauert – aber Blogger’s Handy-Nummer steht ja auch nicht in jedem Telephonbuch. Und die Jungs und Mädels von der Lobby haben ja nun auch einiges zu erklären. Das mit dieser neuen israelischen Regierung versteht sich nicht überall von selbst. Noch fehlt vorderhand auch noch der Name Liebermann in der Auflistung der Rubrik „Names in the news“ der Israel – Project – Homepage – aber das dürfte sich ja schon bald ändern.

 

So sei es. Aber auf jeden Fall:

Laura, my deepest respect.

 

 

 

Die Seite heisst schlicht IDF Monday. Israeli Defence Forces Montag. Nicht mehr, nicht weniger. Die Seite zeigt ausschliesslich Bilder wie diese:

 

 

 

Ist’s die Ästhetik der Waffe am weiblichen Körper, die verführerische Soldatin als Objekt? Es gäbe zwar das Genre der Sozialfotografie, der engagierten Abbildung von Momenten, von Ein-Blicken. Gäbe es.

 

Aber das hier?

 

Um die 450 Frauen dienen in israelischen Kampfeinheiten, nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofes dürfen Frauen von der Pilotenausbildung nicht mehr ausgeschlossen werden; allerdings gibt es bis heute nur eine Handvoll Kampfjet-Pilotinnen. Es gibt den Posten der Beraterin für Frauenfragen im Generalstab. Ein rundes Drittel aller Frauen im wehrpflichtigen Alter ist allerdings vom Militärdienst enthoben, zumeist aus religiösen Gründen.

 

Im babylonischen Talmud (Nasir 59a) ist zu lesen, einer Frau sei es verboten, in den Krieg zu ziehen. Nicht, weil ihre Keuschheit dadurch bedroht sei, auch nicht weil sie den Schrecken des Krieges nicht gewachsen wäre, sondern weil es sich bei Waffen um “Männerkleidung” handele, deren Tragen Frauen in der Bibel untersagt werde.

 

Unter den Waffen der Frauen kann Mann durchaus etwas anderes verstehen.

 

Dafür muss niemand den Talmud bemühen – und schon gar nicht das Internet vollmüllen.

 

 

 

Was hätten Sie denn gern:

 

        -  Akustische Torpedo-Abwehrmassnahmen

        -  Luft-Luft-Abwehrraketen

        -  Airborne Support Jammers

        -  Kampfhelikopter-Waffensysteme

        -  oder doch lieber mauerbrechende Munition

 

Wenn Sie bei Israels parastaatlicher Waffensystem-Schmiede Rafael Advanced Defence Systems anklopfen, kriegen Sie all‘ das -und noch sehr viel mehr geboten.

 

 

 

 

Zum Beispiel , genauer gesagt einen veritablen Bollywood – Clip. Bollywood, von den Waffensystem-Bauern angefertigt für eine Verkaufsshow in Indien; quasi möglichst nahe am Markt vermarkten. 

So hüpfenen ein paar als Inder verkleidete aus Georgien und Indien stammende israelische Amateur-Tänzer armeverrenkend zwischen Raketen herum. Nicht der Tanz auf dem Vulkan, nein, der Tanz zwischen tödlichen Lenkwaffen. Und so trällern die Waffen-Sänger:

 

                               “Security and protection

                                      Together forever, we will never be apart

                                          dinga dinga dee

                                                I promised to defend you, to fulfill your expectation”

 

Okay, bei Bollywood gehen die Geschmäcker halt schnell mal auseinander. Und so gibt’s denn auch eine klare Wertung für den Verkaufs-Clip vom amerikanischen High Tech- Fachmagazin Wired: "the most atrocious defense video of all time", finden die Kollegen von der Technik.

 

Was es eventuell nicht ganz ausser Acht zu lassen gilt: Im letzten Herbst billigte die indische Regierung Waffengeschäfte mit Israel für insgesamt 1.5 Milliarden. Dollar, nicht Rupien oder Schekel.

 

So daneben kann der Bollywood – Verkaufspromo also nicht liegen, gell.

 

 

Und wir wollen an dieser Stelle auch nicht eingehen auf die noch weniger unterhaltsamen Seiten des Waffenhändler-Daseins. Das tun die Kollegen von der Times of India mit erfreulicher Gründlichkeit.

 

Brothers in (h)arm(s).